Niasser, die einen Ivopf abgeschlagen h a b e n , tragen als
Ehrenzeichen einen Halsring, den sogenannten kalabubu.
Dieser besteht aus einer Anzahl
kleiner schwarz polierter Scheiben
von Kokosnussschale, die
auf einen Messingring gereiht
sind; auch Leute, die im Kampfe
einen Feind getötet haben, tragen
diesen Ring.
Von dem Kopfabschlagen auf
Nias wird bereits in der Reisebeschreibung
des persischen
Kaufmanns Solennan im Jahre
851 n. Chr. gemeldet. In der
französischen Übersetzung von
Reinaud *) liest man Folgendes
über die Niasser: „les
îles abondent en or et les habitants
se nourrissent du fruit
du cocatier. Ils s’en servent
dans la préparation de leurs
mets et ils se frottent le corps
Hölzerner Kopf, der statt eines echten Menschen
kopfes aufgehangen wird.
avec son huile. Quand l’un d’eux veut se marier, il ne trouve
de femme, qu’autant qu’il a entre les mains le crâne de la
tête d ’un de leurs ennemis; s’il a tué deux d ’entre les ennemis,
il peut épouser deux femmes, s’il en a tué cinquante il
peut épouser cinquante femmes, suivant le nombre des crânes.
L ’origine de cet usage vient de ce que les habitants de cette
île sont entourés d’ennemis ; celui donc qui se montre le plus
hardi dans les combats est le plus estimé de tous.”
Wir werden bald sehen, dass diese Auffassung wahrscheinlich
nicht die richtige ist. In der Adjäib al-Hind (+ 950 n. Chr.) von
van der Lith 2) in ’s Französische übersetzt, wird diese Sitte
1) Reinaud, M., Relation des voyages faits par les Arabes et les
Persans' dans l’Inde et à la Chine dans le IX siècle.
- 2) Van der Lith, P. A., Livre des Merveilles de l’Inde par le
capitaine Bozorg, Leide 1883—1886.
auf Nias ebenfalls erwähnt: „ Je tiens de Mohammed,
fils de Bâbichâd, que dans l’île d’el Neyân, qui est une île
de la mer extérieure à cent parasanges de Fansour, il y a
aussi des anthropophages. Ils font collection de crânes et se
font gloire du nombre, qu’ils en ont pu rassembler.”
Auch diese Angabe dürfte nicht richtig gewesen sein, da
Antropophagie auf Nias nicht vorkommt, man müsste denn
annehmen, dass die Niasser zu jener Zeit wohl Anthropophagen
gewesen seien; wahrscheinlich ist dies jedoch nicht, denn man
würde sonst gewiss bei dieser Bevölkerung, die so sehr an
ihren Sitten (adat) und Ritus hängt, noch Überbleibsel davon
wiederfinden. Es ist möglich, dass man damals die Niasser
mit einem der Nachbarstämme in Sumatra, bei denen Anthropophagie
wohl zu finden w a r, verwechselt hat. Aus dem zwölften
Jahrhundert nach Christus stammt eine Handschrift. von
dem arabischen Geographen Abou-Abd-allah-Mohammed-ben-
Mohammed el-Edrisi, welche im Jahre 1592 auf Arabisch
in Rom und später 1619 auf Lateinisch in Paris herausgegeben
wurde. Im Jahre 1836 erschien von dieser Handschrift
eine französische Ausgabe 1). Auch hier wird wieder die Sitte
des „Koppensnellen” auf Nias vermeldet und zwar wird dieselbe
wie in der Reisebeschreibung von Solennan geschildert.
Von Rosenberg 2) giebt a n , dass das Kopfabschlagen auf
Nias bei folgenden Gelegenheiten vorkommt :
1. Bei dem Tod eines Häuptlings; in seinem letzten Willen
bestimmt er, wieviel Köpfe nach seinem Tode abgeschlagen
werden müssen.
2. bei den im Kriege besiegten oder gefangen genommenen
Feinden, denen der Kopf abgeschlagen und als Trophäe im
Rathaus aufgehangen wird.
3. aus Rache, wenn Jemandem aus der Familie, der Gemeinde
oder dem Stamm der Kopf abgeschlagen worden ist.
1) Jaubert, P. A., Geographie d’Edrisi, traduite de l’Arabe en
français. Paris 1836.
2) Nieuwenhuis, J. T. en von Rosenberg, H. C. B. Verslag
omtrent het eiland Nias en deszelfs bewoners. Verh. Batav. Gen.
Dl. 30, 1863.