mitglieder in Ruhe zu lassen. Dieser
Gedankengang hat eine Anzahl von
Gebräuchen zur Folge, die wir näher
besprechen wollen.
Zunächst beweist man dem Verstorbenen
seine Verehrung dadurch, dass
man sofort nach seinem Tod ein hölzernes
Abbild von ihm verfertigt, den
adu zatua, dem man bei passenden
Gelegenheiten allerlei Opfer darbringt,
wie Schweineborsten, Hühnerfedern,
Eierschalen, Stücke von der Leber,
der Lunge, dem Herz eines Schweines
oder eines Huhnes. Auch ist es bei
Opferfesten Gebrauch, den adu mit
dem Blut des Opfertieres zu bestreichen.
Dem Toten selbst giebt man für das
Jenseits verschiedene gegenstände mit,
— Kleider, Messer, Fleisch, Palmwein
— alles Dinge, die auch auf Erden
demNiasser begehrenswert erscheinen.
Wenn ein Niasser versäumt dem adu
zatua eines verstorbenen Anverwandten
die schuldigen Ehren zu beweisen,
wird er dafür durch irgend eine Krankheit
oder sonstiges Unglück gestraft
werden.
Nach dem Tode verlässt die Seele,
die moko-moko des Menschen, nicht
sofort den Körper. Dies geschieht erst
einige Zeit nachher und zwar in Gestalt
Schza“u ! l " t-Ntesdu d n e r kleinen Spinne; deshalb pflanzen
viele Niasser neben das Grab einen
Stengel der Tugala, um der Seele Gelegenheit zu geben an ihm
entlang das Grab zu verlassen. Einige Zeit nach dem Tode
machen sich die nächsten Verwandten auf, um die moko-moko
ERSTES KAPITEL 19
des Verstorbenen zu suchen, und sobald sie gefunden ist,
bringen sie dieselbe zu dem adu zatua, den sie für den
Verstorbenen errichtet haben. Wenn damit zu lange gewartet
wird, zeigt der Verstorbene seinen Zorn dadurch, dass er die
Familienmitglieder krank macht. Hilft diese Strafe noch nicht,
so verlässt die moko-moko zum Schluss den adu zatua und
damit ist alles Glück und Wohlergehen der betreffenden Familie
verschwunden.
Durch Verehrung der adu zatua kann man sich in verschiedenen
Lebensumständen den Segen der Vorfahren verschaffen,
z. B. bei Geburten, Heirat, Festlichkeiten, beim
Reisbau und Goldschmieden, bei Antritt einer Reise, u. s. w.
Wenn ein niassisches Brautpaar in die Ehe treten will,
muss dem adu zatua im Hause der Braut ein Schwein geopfert
werden, von welchem der adu einen Teil erhält. Wird
diese feierliche Handlung unterlassen, so wird der adu zatua sich
rächen und die Braut durch ein Brustleiden oder durch Lendenschmerzen
strafen J); und wenn bei einer Festlichkeit die Teilnehmer
versäumen den Segen der Ahnen zu erflehen, so
werden sie ebenfalls mit Krankheit für ihre Vergesslichkeit
gestraft. Die Siidniasser pflegen einen Toten in der Regel in
einiger Entfernung vom Dorfe zu begraben, weil sie fürchten,
dass sonst sein Geist in das Dorf zurückkehren wird, um einen
Lebenden zu holen und mit sich zu führen 2).
Nach einem Todesfall werden, wie bereits gesagt, in den
meisten Gegenden von Nias, dem Verstorbenen Opfer gebracht.
Wenn jemand gestorben ist und einer der Familienmitglieder
träumt von ihm, so ist dies für manche Niasser ein Zeichen,
dass der Geist des Verstorbenen ihn sich nachzieht und auch
er bald sterben muss.
In einem solchen Fall befiehlt der Priester nicht n u r dem
adu z a tu a , sondern auch dem adu owaina und — olalu Opfer
1) Kramer, Fr., Der Götzendienst der Niasser. T. I. T. L. en
V. K. Band XXXIII, 1890.
2) Thomas, J. W., Drei Jahre in Süd-Nias, Rhein. Missions
traktat No. 46, 1892.