Nach Missionar Lett x) haben sich öfters Eingeborene auf
Grund ihrer Träume zum Christentum bekehrt.
Manchmal pflegen sich die Niasser absichtlich zum Schlafen
niederzulegen, in der Hoffnung, dass ihnen die Träume einen
Fingerweis geben in Bezug auf die Behandlung eines Kranken
und die Schritte, die zu seiner Genesung getan werden müssen.
Die Nordniasser glauben in diesem Fall, dass ein wohlgesinnter
Geist im Schlaf zu ihnen kommt, um ihnen den rechten We<*
zu zeigen, aber nach ihrer Meinung hat es n u r Bedeutung,
wenn der Kranke es selbst träumt; die Träume seiner Angehörigen
oder des Priesters würden ihm nicht helfen. Wenn
jemand gestorben ist und einer der Hausgenossen träumt
von ihm, so ist das ein Zeichen, dass er selbst auch bald sterben
wird.
Missionar Thomas 2) wurde von den Niassern erzählt, dass
die Träume von den Ahnen geschickt werden, auch aber, dass
Barasiluluo oder Uala’ika sie hervorruft. Auch giebt es in
dieser Gegend Eingeborene, die glauben, dass Lowalangi die
guten, ein beghu aber die schlechten Träume schickt. Wenn
sie träumen, dass ein Messer entzwei geht, ein Kokosnussbaum
durchbricht oder das Haus einstürzt, dass eine Schüssel zerspringt,
eine Lanze abbricht, sogar wenn sie von Salz träumen,
verkündet das einen Todesfall.
Eine Krankheit wird auftreten, wenn man von starkem Wind
oder einer Überschwemmung träumt, wenn man im Traum
ein Stück Schweinefleisch bekommt, zu dicht beim Feuer sitzt,
gekitzelt wird (was von einem beghu geschieht), oder wenn man
von Seefischen träumt.
Träumen die Eingeborenen, dass ihnen die Kopfhaare abgeschnitten
werden, so wird Lature ihre Haare, d. h. die Haare
seiner Schweine abscheeren und das bedeutet, dass sie bald
sterben werden, denn ehe der Niasser ein Schwein schlachtet,
schneidet er einige Haare ab, die er den adu zatua bringt,
1) Lett, Aug., Im Dienst des Evangeliums'auf der Westküste von
Nias. Missionstraktat 1901.
2) Thomas, J. W., Sitten und Aberglauben auf Nias. Globus, Band 39.
und Lature, glauben sie, wird es bei seinen Schweinen, den
Menschen, ebenso machen. Wenn man träumt, dass ein Gong
in Stücke geschlagen wird, so bedeutet das eine Totenklage,
also auch einen Todesfall.
Träume von Beis prophezeien Leichenwürmer, also ebenfalls
den Tod.
Fast, bei allen Lebensereigriissen beachtet man seine T räum e ;
beim Aussuchen eines Bauplatzes, beim Bepflanzen eines Feldes,
beim Kauf von Schweinen oder Musikinstrumenten, bei der
Liebe, bei einer geplanten Reise, beim Mieten eines Knechtes,
beim Reisbau etc.
Analoge Auffassungen über das Träumen findet man bei den
benachbarten Bataks, bei ihnen kann jedoch die Wirkung
slechter Träume verhindert werden; was sie prophezeien, kann
man vereiteln. Ein Batak wird, wenn es ihm möglich ist, nichts
unterlassen, um, wie er meint, einen bösen Traum wirkungslos
zu machen. Träumt er z. B., dass er von jemandem eine Tracht
Prügel bekommt, so wird er den Betreffenden bitten, ihm einen
Schlag zu geben, in der Überzeugung, dass er damit der grossen
Anzahl Hiebe, die ihm zugedacht sind, entgeht J)-
Über das Träumen bei den S. 0. Niassern vernahm ich
Folgendes: Man glaubt, dass Träume (menifi) jederzeit Folgen
haben werden, z. B. A. träumt, dass B. an einer Krankheit gestorben
ist, dann wird B. schwer krank werden, ohne jedoch
an der Krankheit zu Grunde zu gehen. Träumt A. jedoch, dass
B. geschnellt ist; dann wird B. bald sterben.
Das Träumen geht nach ihrer Meinung auf folgende Weise
vor sich: Während man schläft, verlässt die nösö den Körper
und macht einen Spaziergang. Die nösö hat dann allerlei Erlebnisse,
von denen einzelne behalten, die meisten jedoch vergessen
werden; sie geht jedoch n u r auf Unternehmungen aus,
wenn sie von der nösö eines ändern Menschen oder von einem
beghu gerufen wird. Wenn ein Eingeborener in dieser Gegend
ein Unternehmen ausführen will, z. B. ein Haus bauen oder eine
1) Van Ophuysen, Kijkjes in het huiselijk leven der Bataks,
Leiden 1910.