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 aus  der  Wohnung,  zerschlägt  die  beiden  Kokosnussschalen,  
 wodurch  das  Wasser  in  die  Erde  eindringt;  man  glaubt  es  
 hierdurch  der  Seele  unmöglich  gemacht  zu  haben  in  die  
 Wohnung  zurückzukehren. 
 Um  zu  verhüten,  dass  die  Seele  des  Verstorbenen  auf  dem  
 Acker erscheint, teilen manche Eingeborenen auf Nias ein kleines  
 Stückchen  Land  dem  Abgestorbenen  zu  und  pflanzen  darauf  
 allerlei  Gewächse  für  den  Toten  1). 
 Wenn  nun  trotz  aller  Vorsorge  doch  irgend  eine Krankheit  
 ausbricht,  so  ist  das  ein  Zeichen,  dass  man  in  ein  oder  der  
 ändern  Hinsicht  von  den  Sitten  (adat)  abgewichen  ist,  oder  
 dass  einer  der  Familienmitglieder  Betrug  begangen  hat.  Es  
 muss  dann  für  den  Verstorbenen  ein  neuer  adu  gemacht  
 werden,  dem  ein  jeder  ein  Opfer  bringt. Nach Sundermann 2)  
 machen  die  Süd-Niasser,  jedesmal  wenn  eine  Leiche aus dem  
 Kampong  fortgebracht  worden  ist,  einen  neuen Weg nach der  
 Stelle,  wohin  die  Leichen  gebracht  werden;  hierdurch wollen  
 sie  den  Geist  verhindern,  den  Weg  nach  dem  Kampong  
 zuriickzufmden.  Von  Lett  wurde  derselbe  Gebrauch  auch  bei  
 den  Bewohnern von West-Nias konstatiert. Bei einem Todesfälle  
 pflegen  sich dort die Kamponggenossen häufig wie Wahnsinnige  
 zu  geberden,  sie  zerren  und  kneifen  den  Toten,  raufen  sich  
 die  Haare  u.  s.  w .,  auch  dann  wenn  kein  besonderer  Grund  
 zur  Trauer  da  ist,  sodass  es  wahrscheinlich  weniger  ein Ausdruck  
 der  Trostlosigkeit  und des Schmerzes ist als der Wunsch,  
 den  Geist  des  Verstorbenen  günstig  für  sich  zu  stimmen. 
 Ausserdem  pflegen  die  Eingeborenen  auf  Trommeln  und  
 Gongs  zu  schlagen,  mit  Holzstücken  um  sich  her  zu schwenk 
 en ,  alles  zu  dem  Zwecke  den  Geist  des  Verstorbenen  zu  
 verjagen.  Während  der  ersten  vier Tage nach dem Tode stellen  
 die  Bewohner  von West-Nias  bei  jeder Mahlzeit  etwas von den 
 1)  Lett,  Aug.,  Im  Dienst  des  Evangeliums  auf  der W. Küste von  
 Nias.  Rhein.  Missions  Traktat,  1901. 
 2)  Sundermann,  H.,  Neue  Beiträge  zur  Ethnographie  von  Nias.  
 Ausland  1892. 
 Speisen  bei  Seite;  ausserdem  bringt  m a n ,  um  zu  verh ü ten ,  
 dass  der  Geist  in  das Sterbehaus zu rückkehrt,  während derselben  
 Zeit  die  Ingredienzen,  die  er  vor seinem Tode gebrauchte,  
 nach  dem  Grabe.  Durch  den  Klagegesang,  der  wochenlang  
 jeden  Abend  angestimmt  wird,  beweist  m an ,  dass  man  den  
 verstorbenen  Angehörigen  nicht  vergisst.  Unterlässt  man  es,  
 dann  rächt  sich  der  Geist;  er  dringt  in  das  Haus,  macht  die  
 Bewohner  krank  und  fügt  ihnen  allerlei  Schaden  zu  ’). 
 Zu  Ehren  verstorbener  Stammeshäupter  oder  sonst  angesehener  
 Personen  errichtet  man  häufig  vor  dem  Hause  des  
 Verstorbenen  einen  grossen  Steinblock  (gowe  salawa).  Die  
 Bewohner von Ost-Nias pflegen bei Erkrankungen in der Familie  
 an  diesem  Stein  zu  o pfern;  man  verziert den Stein mit Kokospalmblättern, 
   stellt  auf  den  gowe  ein  hölzernes  Bild  und  
 verbindet  den  Stein  durch  eine Schnur aus Palmenblättern mit  
 dem  adu  zatua  des  Verstorbenen,  der  im Hause  aufgestellt ist. 
 In  Ost-Nias  gehen  die  Familienangehörigen  bei  der  Rückkehr  
 vom  Begräbnisplatz  unter  einem  gespaltenen  Tugala-  
 stengel  hindurch,  damit  die  Seele  des  Verstorbenen  ihnen  
 nicht  folgen  soll. 
 Doch  nicht  n ur  den  Geistern  der  gestorbenen  Menschen  
 wdrd  die  Kraft  zugeschrieben  Krankheiten  zu  erregen,  viele  
 Niasser  glauben,  dass  auch  die  beghu  der  gestorbenen  Tiere  
 dazu  im  Stande  sind.  So  wurde  dem  Missionar  Thomas,  als  
 eine  Epidemie  in  seinem  Wohnort  ausbrach,  von  den  Eingeborenen  
 mitgeteilt,  dass  dieselbe  durch  den  Geist  seines  gestorbenen  
 Pferdes  verursacht  worden  sei. 
 Auch  das  „ Koppensnellen ”,  das  bis  vor  kurzem  in  Nias  
 allgemein  gebräuchlich  war,  scheint  teilweise  eine  Äusserung  
 des  Ahnenkultus  zu  sein  und  zu  bezwecken  die Verstorbenen  
 sich  günstig  zu  stimmen.  Da  nun  sowohl  unsre  Regierung wTie  
 die  Missionare  dasselbe  mit  Nachdruck  verbieten,  hängen  in  
 einigen  Gegenden  die  Eingeborenen  von  Nias  statt echter Menschenköpfe  
 Köpfe  von  Holz  an  ihren  Häusern  auf. 
 1)  Lett,  Aug.,  Im  Dienst  des  Evangeliums  auf der W. Küste von  
 Nias.  Rhein,  Missions  Traktat  1901.