wenn der kranke Zahn sehr lose sitzt. Die Eingeborenen halten
ein kleines Tier, das in die Zähne eindringt und darin bohrt,
für die Ursache von Zahnschmerzen.
In Nord-Nias findet das Feilen der Zähne bei den Mädchen
gewöhnlich etwas später, ungefähr im Alter von fünfzehn Jahren
sta tt, bei den Knaben dagegen einige Jahre früher, nach der
Beschneidung. Auch hier wird die Operation durch einen
Specialist-dukun und zwar stets durch ein männliches Individuum
ausseführt. Sie findet so ziemlich O in derselben Weise
statt als im östlichen Teil der Insel. Um zu verhüten, dass das
Kind während der Operation den Mund schliesst, steckt man
rechts und links eine Pinangnuss zwischen die Zähne.
Manchmal werden die Zähne bis zum Zahnfleisch abgefeilt,
in ändern Fällen lässt man ein Stück vom Zahn steh en ; die
Yorderfläche wird dann in der Regel glatt gefeilt. Auch hier
werden die Zähne nach dem Feilen in derselben wie in Ost-Nias
gebräuchlichen Weise schwarz gefärbt und auch hier erzählten
mir die Eingeborenen, dass sie ihre Vorderzähne n ü r aus
ästhetischen Gründen feilen und schwärzen; ungefeilte Zähne
werden vom Sirihkauen rot, und das gilt für sehr hässlich.
In Nord-Nias feiert man bei dieser Gelegenheit ein kleines
k an d u ri, woran der dukun teilnimmt. E r erhält ausserdem
einen Viertelgulden als Honorar; auch diese Eingeborenen
beschrieben mir das Feilen der Zähne als sehr schmerzhaft.
Zahnschmerzen kommen auch in Nord-Nias bei den Eingeborenen
ziemlich häufig vor. Als obat dagegen gebrauchen
sie die bulu sowulu la h a rö , welche, in ein Pisangblatt gerollt,
au f ein Holzkohlenfeuer gelegt werden. Sowie das Biindelchen
warm geworden ist, nimmt man die Blätter aus deip Pisangblatt
und zerreibt s ie ; diese Masse wird dem Patienten auf die Wange
gelegt und ein Tuch darüber gebunden.
Als die für das Feilen der Zähne günstigsten Tage gelten
bei den Niassern die Tage des abnehmenden Mondes.
Bei den Mädchen findet die Operation vor der Hochzeit statt.
Die Nordniasser glauben, dass man durch das Feilen der
Zähne Zahnschmerzen teilweise verhüten k a n n ; auch ist man
der Ansicht, dass sich ein Kind nach dieser Zahnoperation
schneller entwickeln wird. Dieselbe Anschauung fanden wir
bereits bei den Bewohnern von Süd-Nias in Bezug auf die
Beschneidung.
In Süd-Nias (Telok-Dalam) werden die Zähne bei den Knaben
gefeilt, sowie diese in einen Kokosnussbaum klettern können,
was gewöhnlich ungefähr im Alter von zwölf Jahren der Fall
ist, und bei den Mädchen, wenn sie Wasser nach dem ladang
bringen können; dazu werden sie meistens ungefähr acht Jahre
alt sein müssen.
Es giebt n u r selten Kinder, die sich aus Angst der Operation
widersetzen und später die Vorderzähne n u r schwarz machen.
Als Motive für das Feilen der Zähne wurden mir in Süd-Nias
angegeben:
1. dass ein Kind, dessen Zähne gefeilt sind, früher erwachsen
ist.
2. weil es der adat ist und man sich schämen muss, wenn
man sich nicht an seinen adat hält.
3. dass gefeilte schwarze Zähne schöner gefunden werden.
Die Operation wird morgens in der Frühe ausgeführt, weil
man glaubt, dass die Zähne dann noch weich siud, während
sie später am Tage härter werden, was die Operation erschwert.
Sie darf nur am sechsten, zehnten oder zwölften Tag des
Mondmonates stattfinden. An ändern Tagen würde die Operation
eine sehr schmerzhafte Geschwulst zur Folge haben.
In Süd-Nias verrichtet ein Specialist-ere die Operation. Ehe
er damit anfängt, legt er seine Hand auf den Kopf des Kindes
und murmelt Gebetsformeln, in denen er die Hülfe der höheren
Mächte anfleht, damit die Operation ohne Störungen verlaufen
und das Kind durch die Behandlung nicht krank werden
möge.
Darauf legt man das Kind auf den Rücken, der Kopf ruht
auf einem Stapel Tüchern und die Hände liegen gekreuzt auf
der Brust. Die Arme des Kindes werden durch ein Familienmitglied
festgehalten, während ein andrer die Fiisse hält. An
beiden Seiten steckt man ein Hölzchen zwischen die Backenzähne
und bringt ausserdem ein weiches Stückchen Holz unter
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