In Nord-Nias findet die Beschneidung bereits früher, schon
im Alter von 8 bis 10 Jahren statt. Die Eingeborenen hier
wussten für die Beschneidung auch keinen anderen Grund als
den adat anzugeben. Man meinte jedoch au ch , dass der Coitus
bequemer und angenehmer ist, wenn das Präputium durchgeschnitten
wird.
Der Vater des Knaben bestimmt den Zeitpunkt, an dem die
Operation seines Sohnes stattfinden soll und sucht dazu einen
günstigen Tag aus; wird die Operation an einem ungünstigen
Tag vorgenommen, so kann eine starke Blutung entstehen.
Die erste Hälfte des Mond-Monates wird für günstig gehalten,
besonders günstig sind jedoch der dritte und fünfte Tag des
Mond-Monates. Nach Angabe anderer dukun ist es am besten
die letzten drei Tage des Mond-Monates für die Beschneidung
zu wählen. Als Belohnung erhält der dukun in Nord-Nias
die Kinnlade des Schweines, das geschlachtet worden is t; auch
darf er an der Festmahlzeit teilnehmen.
Am Tage vor der Operation schlachtet die Familie des Knaben
ein junges Schwein, zu dem die Kamponggenossen eingeladen
werden. Das Herz des Schweines wird in kleine Stücke geschnitten
und vor den adu der Ahnen als Opfer niedergelegt.
Des Morgens früh vor der Beschneidung muss der Knabe eine
Stunde lang im Wasser stehen, bis die Vorhaut zusammengeschrumpelt
ist. Hierdurch wird die Operation weniger schmerzhaft
und die Blutung geringer sein.
Frauen dürfen bei der Operation nicht zugegen sein. Es w äre
nicht ausgeschlossen, dass die Gegenwart einer Frau bei dem
Knaben eine Erektion hervorriefe, wodurch die Operation
unmöglich gemacht würde.
In Süd-Nias (Telok-Dalam) gab man mir als Motiv für die
Beschneidung a n , dass die Knaben dadurch früher erwachsen
seien, als es sonst der Fall sein würde; auch hier meint man,
dass der Coi'tus durch die Beschneidung angenehmer wird.
In Telok-Dalam darf die Beschneidung n u r am zehnten,
zwölften und fünfzehnten Tag des Mond-Monates stattfinden;
es ist dann Mondschein und man glaubt, dass die Operation
leicht und ohne Hindernisse vor sich gehen wird. Fände die
Beschneidung an einem andren Tage statt, so wäre zu befürchten
, dass aus dem Knaben später kein verständiger Mann
würde. In der Regel bestimmt der Vater den Zeitpunkt für
die Operation. Am Vorabend erhält der Knabe Schweinefleisch
mit Reis, wenn es nämlich zur Verfügung steht. Die Operation
wird am folgenden Morgen frü h , nachdem der Knabe die Geschlechtsteile
mit Wasser gereinigt h a t, ausgeführt. Der Vater des
Knaben darf nicht dabei sein, nur der ere, der Priester, welcher
operiert, und ein Freund des Hauses sind zugegen; auch in
dieser Gegend ist die Gegenwart von Frauen ausgeschlossen.
Die Operation selbst wird auch hier ziemlich in derselben
Weise vorgenommen ^ der Assistent hält dabei dem Knaben
die Augen zu. Nach der Operation wird der Penis auf die
Blattscheide der Bambu oder Pisang gelegt, welche man mittels
eines tali, der dem Knaben um die Hüften gewunden wird,
am Körper befestigt. Man kratzt etwas von der inneren Schale
der Kokosnuss ab und legt es als obat auf die Wunde. Vier
Tage lang muss der Knabe der Ruhe pflegen; es wird ihm ein
kain auf den Unterleib gelegt, um die Fliegen von der Wunde
abzuhalten. Einmal per Tag reinigt man die Wunde, worauf
das obat a u fs Neue aufgelegt wird.
Nach der Operation erhalten der Operateur und sein Assistent
ein Stück babi, oder n u r etwas Reis zum Geschenk.
In Lölöwua (West-Nias) findet die Operation stets vor der
Hochzeit, ungefähr im Alter von 12 Jahren, statt. Hier wurde
mir als Motiv angegeben, dass man Schmutzanhäufung unter
dem Präputium verhüten w ill; auch ist man der Meinung,
dass der Coitus sowohl für den Mann als die Frau dadurch
genussreicher wird. Auch die Befruchtung wird befördert, weil
der Samen bequemer ausgeschüttet wird. Hier führt der Vater
des Knaben die Operation aus, oder, wenn er nicht mehr leb t,
der Bruder seiner Mutter.
Auch muss sich der Knabe vor der Operation baden und
die Geschlechtsteile gründlich reinigen. Nach der Operation
wischt der Operateur mit einem Blatt das Blut ab und streut die
verkohlte Asche von Spinnweb auf die Wunde. Das Lendentuch
wird dem K naben in der Weise umgebunden, dass der Penis