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 Ehepaar  an.  Soll  diese  Procedur  Erfolg  haben,  so muss sie in  
 der  Abenddämmerung  vorgenommen  werden.  Das  Beten wird  
 eine  Zeitlang  fortgesetzt  und  dabei  anhaltend  auf die Priestertrommel  
 geschlagen.  Man  glaubt  auf  diese  Weise  die  bösen  
 Geister,  welche  verhindern,  dass  die  Frau  schwanger  wird,  
 beschwören  zu  können. 
 Die  Ursache  der  Unfruchtbarkeit  kann darin liegen, dass ein  
 Tier  im  Bauch  der  Frau  sitzt,  welches den Samen des Mannes  
 auffrisst.  Dieses  Tier  sitzt  fest  und  kann  durch  kein  obat  entfernt  
 werden.  Es  heisst  sigu-sigu.  Manchmal  sollen  sich sogar  
 vier  dieser  Tiere  in  der  Gebärmutter  der  Frau  aufhalten. Ein  
 anderes  Mal  wieder  schreibt  man die Sterilität der Tatsache zu,  
 dass  die  Frau  oder  ih r  Mann  vor ihrer Ehe etwas getan haben,  
 was  ihnen  verboten  war. 
 Nach  der  Meinung  der  Ostniasser  kann aber auch der Mann  
 die  Schuld  der  Kinderlosigkeit  tragen,  nämlich  dan n ,  wenn  
 sein  Samen  nicht reichlich oder von schlechtem Gehalt ist ; oder  
 sein  Penis  kann  zu  klein  sein,  und  nicht  tief  genug  in,  die  
 Vagina  eindringen  oder  er  kann  zur  Erection  unfähig  sein. 
 Die  Nordniasser  glauben,  dass  die  Schuld  der  Kinderlosigkeit  
 fast  immer  an  der  Frau  liegt.  Die  Unfruchtbarkeit  der  
 Frau  ist  eine  Strafe  der  höheren  Mächte;  um  ihren  Zorn  zu  
 beschwören,  müssen  bestimmte  adu gemacht und verschiedene  
 Opfer  gebracht  werden. 
 Nach  der  Annahme  der  Westniasser  giebt  es  schlechte  
 Menschen,  welche  die Macht besitzen eine Frau durch Zauberei  
 steril  zu  machen.  Sie  kratzen  mit  ihren  Nägeln  über  einen  
 Teller,  und sprechen dabei die Beschwörungsformel a u s : „ Möge  
 sie keine Kinder bekommen.” Wenn die Frau darauf von diesem  
 Teller irgend etwas isst, wird sie für alle Zeit unfruchtbar bleiben. 
 Manche  Frauen  können sich selbst unfruchtbar machen, und  
 zwar  gehen  sie  dabei  folgendermassen  zu Werke. Sie schleifen  
 mit  einem  Messer  über  einen Schleifstein, lassen dann über die  
 beiden  Gegenstände  etwas  Wasser  laufen,  das  sie  in  einem  
 Kännchen  auffangen  und  unter  dem  Aussprechen  einer  Beschwörungsformel  
 austrinken. 
 Meistens  schreiben  jedoch  die  Westniasser  die Unfruchtbarkeit  
 der  Frau  einer  Trockenheit  der  Gebärmutter  zu. 
 Gegen  Unfruchtbarkeit  wird  auf  Befehl  des Priesters ein adu  
 fangola  gemacht,  den  man  mit  Kokospalmblättern umwindet.  
 Dieser  adu  kann  bewirken,  dass  der  beghu,  der  die  Ursache  
 der  Sterilität is t, in seinem verhängsvollem Treiben gestört wird.  
 Ausserdem  begiebt  sich  die  Frau  zu  dem  telanggi,  dem  Vermittler  
 ihrer  Heirat,  der  den  Heiratsantrag  ihres  Geliebten  
 ihrem  Vater  überbracht  hat  und  wenn  sie  meint,  dass  er  für  
 seine  damaligen  Dienste  zu  schlecht  bezahlt  worden  ist,  so  
 bittet  sie  ihn  um  Verzeihung und schenkt ihm ausserdem noch  
 etwas  Geld  und  ein  junges  Schwein. 
 Es  ist  dem  Mann  verboten,  seine  Gattin wegen Kinderlosigkeit  
 zu  ihren  Eltern  zurückzuschicken,  wohl  darf er sich eine  
 zweite  Frau  dazu  kaufen. 
 Auch  die  Westniasser  wissen,  dass  die Ursache zur Sterilität  
 der  Ehe  bei  dem  Manne liegen kann, nämlich wenn er nicht zu  
 erectio  penis  im  Stande  ist,  oder  das  sperma  sich  in  ungenügender  
 Menge  absondert. 
 Mehrmals  sind  Eingeborene  auf  Ni-as  zu mir gekommen mit  
 der  Bitte  ihnen  ein  obat  dafür  zu  geben. 
 In  manchen  Gegenden  der  Insel  ist  es  der  Braut,  die  zum  
 erstenmal  die  eheliche  Wohnung  betritt,  verboten  beim  Hinaufgehen  
 die  Treppe  zu  berühren,  weil  dies  Unfruchtbarkeit  
 zur  Folge  haben  wird  1). 
 Sterilität  kann  auch  die  Folge  davon  sein,  dass  die Ehe an  
 einem  ungünstigen  Tag  geschlossen  worden  ist, oder dass man  
 versäumt  hat  den  adu  der  Ahnen  die  schuldigen  Ehren  zu  
 erweisen.  Am  Hochzeitstage  müssen  die  adu  zatua  noch  im  
 Besonderen  um  ihre  Zustimmung  zur  Ehe  gebeten  und ihnen  
 bei  dieser  Gelegenheit  verschiedene  Opfer  angeboten  werden.  
 Sowie  eine  Heirat  beschlossene  Sache  ist,  muss  den adu zatua  
 davon  Mitteilung  gemacht  und  ih r  Segen herabgefleht werden.  
 Zur  Beruhigung  der  adu  zatua  und  damit  sie  nicht  zürnen 
 1)  Lagemann,  H.,  Das  niassische  Mädchen  von  seiner  Geburt  
 bis  zu  seiner  Verheiratung.  T.  Ind.  T.  L.  en  V.  K.,  D. XXXVI.