
 
        
         
		die  matianak,  wenn  eine  Frau  während  oder  nach  der  Entbindung  
 stirbt,  bei  der  Leiche  bleibt,  bis  sie  begraben  wird,  
 erst  dann  verlässt  der  Geist  die Tote. Sowie die Frau gestorben  
 ist, wird  sie  gewaschen  und  in  den  Sarg  gelegt,  die Trommel  
 ruft  die  Kampongbewohner  in  das  Sterbehaus.  Sie  umtanzen  
 die  Leiche  und  leiern  den  folgenden  Leichengesang: „ Du bist  
 gestorben,  wir  kommen  Dich  zu  sehen,  Du bist fortgegangen,  
 wir  bleiben  zurück,  wir  bewegen  uns  um  Deine  Leiche,  die  
 Seele  ist  bereits  davon  geflogen,  wir  werden  Dich  begraben.” 
 Dann  trägt  man  die  Leiche  aus  dem  Haus  und sefzt sie vor  
 der Wohnung nieder. Einige Männer heben den Sarg auf, tanzen  
 damit  in  die  Runde  und  tragen  ihn  nach dem Begräbnisplatz. 
 Der  Ostniasser  sucht  seine  schwangere  Frau  gegen  die  Angriffe  
 der  matianak  zu  schützen,  indem  er  im  achten  Monat  
 der  Gravidität  auf  einen  Kreuzweg  ganz  in  der  Nähe  seines  
 Hauses  einen  Zweig  mit  Blättern  der  damo  pflanzt.  Diese  
 Blätter  bewegen  sich  im  W in d , so dass man ihre weisse Unterseite  
 sieht, vor diesen zitternden Blättern fürchtet sich die matianak  
 und  wagt  sich  nicht  dem  Hause  zu  nähern.  Ausserdem  
 pflanzt  man  noch  hinter  dem  Hause,  dicht  bei  dem  Schlafraum  
 der  Schwangeren,  einen Pisangstamm, um der matianak  
 auch  hier  den  Zugang  zu  versperren.  Götzenbilder  mit  
 schreckenerregenden  Gesichtszügen,  denen  man  nach  einer  
 glücklichen  Entbindung  Dankopfer  bringt, werden am Eingang  
 des  Schlafraumes  und  neben  der  Schlafstätte  der  schwangeren  
 Frau  aufgestellt,  um  die  matianak  zu  erschrecken. 
 Stirbt  die  Frau  an  den  Folgen  der  Geburt,  so  werden  die  
 adu  fortgeworfen,  bei  einem guten Verlauf werden sie bewahrt.  
 Nach  Angabe  der  Ostniasser  haben  es  die  matianak  auch auf  
 die  Männer  abgesehen,  die  sie  ihrer  Genitalien b erauben, um  
 sich  mit  denselben  wohllustige  Genüsse  zu  verschaffen.  Die  
 matianak  fragt  erst  den  Mann,  den  sie  überfallen  h a t,  ob  er  
 mit  ih r  gehen  will;  weigert  er  sich ,  so  tötet  sie ihn und raubt  
 ihm  seine  Genitalien;  willigt  er  dagegen  ein,  so  nimmt  sie  
 ihn  mit  in  den  Wald,  wo  sie  an einem schönen Plätzchen am  
 liebsten  in  der  Nähe  eines  Baches  mit  ihm  wohnt  und  geschlechtlich  
 mit  ihm  verkehrt. 
 Nach  Angabe  einzelner  Niasser  pflegen  die  matianak  den  
 Männern  die  Arme  auszureissen  und  sie  umgekehrt  mit  der  
 Handfläche  nach  aussen  wieder  an  dem  Körper  zu befestigen. 
 In  Nord-Nias  (Lahewa)  machten  mir die Eingeborenen auch  
 Mitteilungen  über  die  matianak.  Sie  stellen  sich  die  matianak  
 vor  als  den Schatten einer toten F ra u , der eigenartige Töne von  
 sich  zu  geben  vermag,  wie  wenn  ein  Fieberkranker  mit  den  
 Zähnen  klappert.  Auf  das  Stöhnen  einer  Frau  in  p a rtu ,  eilt  
 die  matianak  herbei  um  die  Entbindung  zu  stören.  Andere  
 Eingeborene  dort  glauben,  dass die matianak wie ein fliegender  
 Nachtvogel  aussieht. 
 In  gewissen  Gegenden  der  Insel pflegen schwangere F ra u e n ,  
 wenn  sie'  glauben  auf  dem  Heimweg  im  Abenddunkel  von  
 einer  matianak  berührt  worden  zu  sein,  dem  Götzen  fangola  
 ba-nidano  am  Ufer  des  Flusses  ein  Huhn  zu  opfern,  um den  
 bösen  Folgen  der  Berührung  zu  entgehn. 
 Nach  Albert  K ru y tx)  tragen manche Niasser die Leiche einer  
 im  Wochenbett  gestorbenen  Frau  durch  die Wand des Hauses  
 herunter.  Man  glaubt  auf  diese  Weise  dem  gefürchteten  Geist  
 der  Verstorbenen  die  Rückkehr  in  das  Haus  unmöglich  zu  
 machen,  weil  er  nun  die  Öffnung  nicht  wieder  finden  kann,  
 durch  welche  er  das  Haus  verlassen  hat. 
 Dass  die  matianak  es  stets auf schwangere Frauen abgesehen  
 h ab e n ,  muss  vielleicht  aus  dem  Princip einen Stellvertreter zu  
 finden,  ein  Princip,  das  uns schon mehrmals bei den Niassern  
 entgegengetreten  ist, erklärt werden. Demselben Princip würden  
 auch  manche  Vorstellungen  bei  ändern  Völkern z. B. den Chinesen  
 entsprechen,  welche g lauben, dass die Seelen der Ertrunkenen  
 stets  danach  trachten  einen  Lebendigen  in ’s Wasser zu  
 z ieh en ,  um  dadurch  selbst frei zu werden (de Visser). Vielleicht  
 hat  bei  den  Niassern  auch  ursprünglich  die  Vorstellung  bestanden, 
   dass  eine  matianak  gerettet  ist,  wenn  sie einen Stellvertreter  
 findet  und  deshalb  stets  darauf  ausgeht  eine  andere  
 Wöchnerin  um  ’s  Leben  zu  bringen? 
 1)  Kruyt,  Alb.  C.,  Het Animisme  in  den  Indischen Archipel. Den  
 Haag,  1906.