jedoch nicht der ursprüngliche Zweck gewesen sein; seiner
Meinung nach hat das Haar erst in späterer Zeit eine derartige
Bedeutung hekommen. Viele Stämme, wie die Toradjas, Dayaks
und Niasser glauben auch jetzt noch, dass die Seele der Verstorbenen
dem Haare folgt, darum bringen sie von Leuten, die
in der Ferne sterben die Haare an ihren Geburtsort zurück,
um an denselben beim grossen Totenfest dieselben Ceremonien
zu verrichten, die gewöhnlich bei der Leiche stattfmden.
Es giebt eine niassische Legende über die Lebenskraft der
Haare, welche an die Erzählung von Simson aus der Bibel
erinnert.
Bei Fodo in einiger Entfernung von Gunung-Sitoli wohnte
in früheren Zeiten ein Mann von gewaltiger Kraft, der viel
Schaden anrichtete, namens Laowö Maru. Seine Stärke hatte
ebenso wie bei Simson ihren Sitz in seinen Haaren. Wie
Simson wurde er von seiner Frau verraten und erst nachdem
ihm seine Haare abgeschnitten wa ren , konnte er überwältigt
werden.
In den Haaren sowohl wie in den Nägeln befindet sich nach
dem Glauben der Niasser nosso, d. h. Seele. Daher kommt es,
dass die Haare eines Lebenden anders aussehen als die eines
Toten, die ersteren sind kräftig und elastisch, die letzteren
schlaff. Auch bei den Nägeln ist ein Unterschied, die des lebendigen
Menschen sind rosig, und die des Toten bleich.
Viele Kinderkrankheiten werden dem Einfluss böser Geister
zugeschrieben. Besonders die beghu sibua und nadaoja sind
es, welche die Kinder krank machen, und zwar dadurch,
dass sie ihren Schatten aufessen. Die Therapie besteht gewöhnlich
wieder im Verfertigen verschiedener adu. Bei manchen
Kinderkrankheiten pflegen die Nordniasser eine grosse Anzahl,
(eine Vervielfältigung der Zahl zehn bis zu fünfzig) kleiner einfach
und roh gearbeiteter adu in einem geschlossenen Ring zusammen
zu reihen und mit Palmenblättern zu verzieren, auch
einige Tieradu werden in den Ring aufgenommen. Nebenstehende
Abbildung zeigt einen solchen Ring-adu. Die Tiergötzen
werden hinzugefügt, wenn man als die Ursache der Krankheit
des Kindes glaubt annehmen zu müssen, dass der Vater
während der Gravidität seiner Frau das nachgebildete Tier
gesehen, gegessen oder getötet hat.
Während der Priester die höheren Mächte um Heilung anruft,
muss der kleine Patient diesen Ring-adu anfassen. Aus-
serdem befestigt man an jedem einzelnen adu des Ringes eine
Hühnerfeder und bestreicht alle Götzenbildchen mit dem Herzen
eines geopferten Huhnes, das Herz wird darauf an einem der
Tier-adu befestigt.
Um zu verhüten, dass ein böser Geist ein Kind krank macht,
pflegen die Nordniasser
rote und
weisse Zwiebeln, :
schwarzen Pfeffer,
Gewürznelken
•und Zimmet in
ein Sirihblatt zu
wickeln und zu
kauen und dar- :
auf mit ihrem
Speichel das Kind
zu bespeien. Dies
geschieht zum
ersten Mal gleich
nach der Geburt
und wird von Zeit
zu Zeit wiedert
i • i rr • i Adu, von den Niassern bei Kinderkrankheiten holt, bis das Kind verfertigt.
laufen kann. Ein böser Geist kann auch die Mutter erkranken
lassen, um das Kind zu schädigen; durch die Muttermilch wird
sich auch dem Kinde die Krankheit mitteilen, besonders Fieber
denkt man sich auf diese Weise hervorgerufen.
Manche Niasser stellen, wenn sie ein kleines Kind allein im
Haus zurücklassen müssen, irgend einen schwarzen
Gegenstand neben dasselbe, damit die Geister sich fürchten sollen
und das Kind nicht schädigen 1).