Willen sin d , allerlei geheime Künste le h rt, die ihnen zu Glück
und Reichtum verhelfen. Diese Vorstellung scheint sonst selten
vorzukommen, wenigstens ist es mir nur bei einzelnen Völkern
gelungen analoge Ideen aufzufinden. Nach dem Glauben der
Javanen folgt auf ein Zusammentreffen mit der kuntianaq
(puntianaq) in der Regel Erkrankung; gelingt es jedoch die
kuntianaq bei ihren langen Haaren zu greifen und festzuhalten,
so wird sie sich loszukaufen suchen, und man kann von ihr die
Gewährung eines Wunsches erlangen 1).
Die alten Mexikaner schrieben einzelnen Teilen der Leiche
einer im Wochenbett gestorbenen Frau übernatürliche Macht
zu; diese Teile wurden als Talismann angewendet, man
glaubte, dass sie den Träger unbesiegbar machten und den
Dieben das Stehlen erleichterten (Rancroft). Nach v. Wlislocki2)
tragen die Magyaren Knochenstücke von F ra u en , die nach der
Entbindung gestorben sin d , als Amulette; sie sollen die Kraft
besitzen, ändern Frauen zu einer glücklichen Entbindung zu verhelfen.
Friedrich Kraus 3) teilt mit, dass nach dem Aberglauben
der Südslawen Gravidae, die kurz vor ihrer Entbindung
sterben, ihre Frucht an sterile Frauen verschenken können.
Darum gehen F rau en , die sich ein Kind wünschen, an das
Grab einer Schwangeren, rufen die Verstorbene bei Namen
und bitten sie, ihnen ihre Frucht zu überlassen. Reim Verlassen
des Grabes nehmen sie etwas Erde mit und tragen dieselbe
stets unter dem Gürtel bei sich.
Die Basutho sind überzeugt, dass das Fruchtwasser einer
während der Gravidität gestorbenen Frau die Kraft besitzt, den
Regen anzuziehen; darum schneiden die Priester nach dem
Tode der Frau den Bauch auf und sammeln das Fruchtwasser.
Das Oberhaupt giesst es in die Ochsenhörner, die auf seinem
1) Van Hien, H. A., De Javaansche geestenwereld. Semarang, 1896.
2) Wlislocki, Heinrich v., Volksglaube und religiöser Brauch der
Magyaren. Darstellungen aus dem Gebiete der Nichtchristi. Religionsgeschichte.
Band VIII. Münster i. W., 1893.
3) Sitte und Brauch der Süd-Slawen. Nach heimischen gedruckten
und ungedruckten Quellen. Wien, 1885.
Hause stehen, um damit den Regen anzuziehen. (Grützner) 1).
In vielen Gegenden Deutschlands findet man bei dem Volk
den Aberglauben, dass die bei der Geburt ihres Kindes gestorbene
Frau in der ersten Zeit regelmässig ih r Kind besucht,
um ihm die Brust zu reichen und es zu versorgen. Auch bei
den Negern an der Loango-küste besteht der Glaube, dass
die gestorbene Mutter noch über ihrem Kinde wache und es
vor schlechten Menschen und bösen Geistern schütze (Pechuel-
Loesche). Bei einzelnen Völkern finden w ir auch den Glauben,
dass die im Wochenbett gestorbenen Frauen im Jenseits besonders
ausgezeichnet werden; daraus darf abgeleitet werden,
dass man d a , wo dieser Glaube herrscht, den Geistern gestorbener
Wöchnerinnen keinen bösen Einfluss zuschreibt. Lasch 2)
hat in seinem Beitrag diese Auffassung bei acht verschiedenen
Völkern festgestellt. Die Eskimos in Grönland glauben, dass
die in Folge der Entbindung gestorbenen Frauen an den Ort
der Glückseligkeit, wo die Gottheit Torugarsuk wohnt, kommen.
Er liegt unter der E rd e , und es ist dort ewiger Sommer und
Sonnenschein; da giebt es keine Nacht, da hat man Überfluss
an gutem Trinkwasser und reichliche Nahrung.
Bei den Nahua’s heisst die im Wochenbett gestorbene Frau
„ mocioaquesque ” d. h. tapfere Frau. Sie wird mit grösser
Feierlichkeit in dem Tempel der himmlischen Frauen begraben;
zur Göttin und Fürstin erhoben, wohnt sie mit den den Göttern
geweihten Frauen und Kriegern zusammen.
Auch die Chibcha’s verheissen einer bei der Entbindung Gestorbenen
glückliches Leben im Jenseits; bei den Eingeborenen
der Markesasinseln finden wir den Aberglauben, dass nur die
Adligen, gefallene Krieger, Selbstmörder und die im Wochenbett
gestorbenen Frauen der Freuden des Paradieses teilhaftig
werden.
Nach der Meinung der Kayan-Dayak in Borneo besteht der
1) Grützner, H., Über die Gebräuche der Basutho. Handl. der
Berl. Ges. für Anthrop., Ethnol. und Urgeschichte. Jhrg. 1877.
2) Lasch, Die Verbleibsorte der Seelen der im Wochenbett Gestorbenen.
Globus, Band LXXIX.