
 
        
         
		Stellungen  uralte  sind  und  im Lauf der Zeiten ein Menge davon  
 vergessen  oder  falsch  verstanden  worden  ist. 
 Chatelin  *)  teilt  uns  über  die  Seele  Folgendes  mit: 
 Die  Seele  des  Menschen  ist  sein  Athem  und  Baliu  hat  sie  
 von  dem  Winde  genommen,  denn  der Wind ist sein Eigentum  
 und  wenn  die  Seele  den  Körper  verlässt,  kehrt sie zum Wind  
 und  also  auch  zu  Baliu  zurück.  Da  sich  die  Seele  (noso)  im  
 Wind  auflöst,  so  hat  sie  auch kein Weiterleben. Die Seelen der  
 vornehmen  Häupter  jedoch  machen  hiervon  eine  Ausnahme,  
 sie  haben  ein  Fortbestehn,  sintemal  der  älteste  Sohn die Seele  
 seines  Vaters  in  sich  aufnimmt  als  eheka,  oder  statt  seines  
 Mundes  den Geldbeutel (tohosa) auf den Mund seines sterbenden  
 Vaters  legt,  damit  dessen  Seele  hinein  fahren  möge.  In  dem  
 Beutel  verwandelt  sich  die  eheka  in  Gold  oder  sie  wird  zu  
 geschmolzenem  Fett  oder  dergleichen.  Arme  Menschen haben  
 keine  eheka. 
 Aber  nicht  nur  die  Seele  verlässt  den  Körper beim Sterben,  
 sondern  auch  der  Schatten  und  von  dem  Augenblick  an nennen  
 sie  den  Schatten  bechu  si  mati  (Geist  des  Toten).  Nach  
 der  Meinung  der Niasser  hat  der Mensch diesen Schemen oder  
 Schatten  immer  bei  sich ,  man  kann  ihn jedoch n u r bei Licht-  
 Feuer-  oder  Sonnenschein  wahrnehmen;  die  Priester  jedoch  
 sehen ihn stets. Dieser Schatten des lebenden Menschen wird nach  
 dem  Tode  ein  bechu  und  dann  fürchtet  man  sich  vor  ihm. 
 Ausser  dieser  noso  haben  nach  Chatelin  die  Niasser  noch  
 eine  weiterlebende  noso.  Das  ist  die  noso-dödo,  d .h . die Seele  
 des  Herzens,  die  sich  nach  dem  Tode  in  die  kleine  Spinne  
 verwandelt,  die  wir  bereits  als  moko-moko  kennen  lernten.  
 Diese  moko-moko  bringt  man  zu  den adu zatua, um dieselben  
 wieder  mit  der  Seele  des  Verstorbenen  zu  beseelen.  Nach  
 Sundermann  2)  ist jedoch  die  moko-moko nicht das eigentlich  
 Unsterbliche  im  Menschen,  nicht  die  unsterbliche  Seele.  Das 
 1)  Chatelin,  L.  N.  H.  A.,  Godsdienst  en  bijgeloof  der  Niassers.  
 Tijdschr.  van  Indische  T.  L.  en  V.  K.  Deel  XXVI. 
 2)  Sunderinann,  H.,  Die  Insel  Nias  und  die  Mission  daselbst.  
 Allgem.  Missionszeitsc.hr.  XI,  1884. 
 würde  eher  der  bechu  zi  mate  sein,  der  zu  Lebzeiten  des  
 Menschen  die  lumö  lumö,  sein  Schatten  ist.  Diese  bechu  zi  
 mate  sind  zuerst  noch  eine  Zeitlang  an das Irdische gebunden,  
 dann  aber  leben  sie  in  der  „banua  niha  to u ”,  der Unterwelt. 
 „Ob  nun  eine  wirkliche  und  tatsächliche  Unsterblichkeit,”  
 schreibt  Sundermann,  „eine  ewige  Fortdauer  der  Seele  nach  
 der  Vorstellung  der  Niasser  besteht,  das  ist nicht recht klar zu  
 stellen;  es  scheint  aber  als  ob  man  schliesslich  sich  alles  in  
 nichts  auilösen  liesse.  Es  herrscht  überhaupt  mancherlei Verwirrung  
 in  den  Mitteilungen,  die  man  von den verschiedenen  
 Gewährmännern  erhält.” 
 Die  Auffassungen  von  Kontrolleur  Engelbert  Schröder  über  
 die  Vorstellung,  welche  die  Niasser  von  der  Seele haben, sind  
 wieder  etvtfas  anders.  Er  erzählte  mir  das  Folgende: 
 In  einem  normalen  Niasser  befinden  sich : 
 1.  der  Körperstoff  (botò),  der  Körper. 
 In  ihm  kommen  die  Lebensfunktionen  zur  Aeusserung.  Im  
 Tode  geht  der  botò  in Wasser,  Luft und Knochen über, an den  
 letzteren  bleibt  „ e tw as”  von  dem  früheren  Besitzer  haften. 
 2.  Der  Lebensstoff  (nosö),  der  Athem. 
 Er  ist  das  Lebensprincip,  die  treibende  Kraft,  führt  aber  
 kein  selbständiges  Bestehen.  Bei  der  Geburt  erhält  ein  jeder  
 sein  Teil  davon  zugewogen,  ist  die  Quantität  verbraucht,  so  
 hört  der  botò  auf zu leben. Der nosö kehrt zu seinem Ursprung,  
 d.  h.  zu  Lowalangi,  der  ihn  abgewogen  h a t,  zurück. 
 3.  Der  Lebensschemen  (lume  lume)  d.  h.  etwas  der  lumö,  
 dem Schatten gleichartiges. Sie ist ein nicht greifbares verkleinertes  
 Ebenbild  des  Individuums  selbst,  ein zweites Ich und kann  
 sich  von  dem  trotzdem  fortlebenden  Körper  trennen. 
 Verschiedene  Teile  in  dem  bòtò  sind  der Sitz der W ahrnehmungen  
 und  Gefühle,  diese  Teile  besitzen  eine  dem  Ganzen  
 untergeordnete  lumö  lumö,  der  deswegen  ebenso  wenig  ein  
 selbständiges  Bestehen  zuerkannt werden darf, als dem körperlichen  
 Herzen  etc.  Die  lume  lume  ist  eine  Abstraktion  des  
 lebendigen  Körpers,  der  eine  Kombination  von  dem botò und  
 der  nòsò  ist.  Es  ist  daher  begreiflich,  dass  nach  dem  Tode  
 keine  lume  lume  mehr  bestehen  kann,  aber  die  Abstraktion