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 zuerkannt  wird,  die männliche Nachkommen hinterlassen; 
   die  ändern  werden  in  der  zukünftigen  Welt  (banua  
 furie)  arm  sein.  F ü r  L eu te ,  die  ohne  einen  Sohn  zu  hinterlassen, 
   sterben,  wird  auch  häutig  kein  adu  zatuä  gemacht1). 
 Bei  K ru ijt2)  lesen  wir,  dass  nach  dem  Urteil  gewisser  
 Niasser  die  Seelen  schlechter  Menschen  nicht  in  das  Seelenland  
 kommen,  sondern  in allerlei Tiere übergehen. Diejenigen,  
 die  keine  Söhne  gehabt  haben,  sollen  Nachtschmetterlinge  
 werden;  freche  Menschen  werden  Schlangen,'  ih r Grab springt  
 auf,  die  Schlange  kriecht  heraus  um  weiter  auf  der  Erde  zu  
 leben.  Wenn  eine  Schlange in eine W ohnung k om m t, sieht der  
 NiasSer  in  ih r einen Geist, der einen Menschen holen will, es gilt  
 als  Vorzeichen,  dass  einer der Hausgenossen bald sterben wird. 
 Andere  Niasser  wieder  sehen  in  der  Maus, die anhaltend in  
 einem  Hause  ein-  und  ausläuft,  die  Seele  eines  kinderlos  gestorbenen  
 Menschen,  einen  beghu  zilo  rah a ,  oder  die  Seele  
 eines  bösartigen  Menschen,  der in seinem Zorn alles zerschlug;  
 ihren  Grund  hat  diese  Vorstellung  wohl  darin,  dass die Maus  
 durch  ih r  Nagen  alles  verdirbt. 
 In  Mittel-Nias,  so  schreibt  Missionar  L e tt3),  glauben  die  
 Eingeborenen  an  einen  Himmelswächter, Kaie Kamö genannt.  
 Dieser  bestimmt,  wer  von  den  Verstorbenen in das Seelenland  
 kommen  darf;  es  sind  dies  n u r  die  guten  Menschen,  d. h. die  
 Menschen,  welche  auf  Erden  eine  genügende  Anzahl  Feste  
 gegeben,  sich  keines  Vergehens  schuldig  gemacht  haben,  
 wie  Verrat,  Bestechung,  Diebstahl  oder  Mord,  und  für  die  
 nach  ihrem  Tode  ein  Totenmahl  gehalten  worden  ist. 
 Nach  einer  ändern  Vorstellung  der  Niasser  befindet sich im  
 Seelenland  ein  Hu nd,  der  die  Seelen  schlechter  Menschen  
 anbellt,  sodass  sie  aus  Angst  auf  die  Erde  zurückkehren. Die 
 1)  Kramer,  Fr.,  Der  Götzendienst  der  Niasser  T.  I.  T.  L.  en  
 V.  K.  Bd.  XXXIII. 
 2)  Kruijt,  Alb.  C.,  Het  animisme  in  den  Indischen  Archipel.  
 Den  Haag,  1906. 
 3)  Lett,  Aug.,  Im  Dienste  des  Evangeliums  auf  der W;  Küste  
 von  Nias.  Missionstraktat.  Barmen,  1901. 
 Südniasser  denken,  dass  die  Seelen  in  Gruppen  beisammen  
 wohnen;  alle,  die  durch  dieselbe  Ursache  gestorben  sind,  gehören  
 zusammen.  Die  beghu  der  Verunglückten  wohnen  bei  
 einander  und  haben  beständige  Reue,  dass  sie  nicht  vorsichtiger  
 gewesen  sind.  Die  beghu  derjenigen,  die  den  Tod durch  
 Ertrinken  fanden,  hausen  in  Wasser;  sie  können  jedoch  auf  
 ’s  Land  gebracht  werden,  wenn  ein  Priester für sie opfert und  
 einen  Pisangstamm  in  das  Wasser  wirft.  (Auch  hierin  findet  
 man  wieder  die  Idee  des  Stellvertreters!) 
 Sunderman  : )  schreibt,  dass  nach  der  Meinung  der  Niasser  
 die  Seelen  im  Jenseits  ein  ähnliches  Leben  führen  wie  auf  
 Ei’den,  man  schliesst  darauf  durch  Träume,  in  denen  man  
 die  Verstorbenen  in  Häusern  und  Dörfern  wohnen  sieht. 
 Die  beghu  der' Ermordeten  und  der  im  Kampf  Gefallenen  
 sollen  umherschwärmen  und  sich  vor  den  beghu  derjenigen,  
 die  an  einer  Krankheit  gestorben  sind,  schämen 2). 
 Andere  Niasser  wieder  glauben,  dass  Männer, die in hohem  
 Alter  ohne  einen  Sohn  zu  hinterlassen  sterben,  in  eine grosse  
 Motte  verwandelt  werden;  die  Seelen  der  Sklaven  werden  
 Regen-  oder  Erdwürmer,  die  der  Priester  Leuchtkäfer  und  
 die  Helden  werden  auf  den  Mond  versetzt. 
 Man  sieht  hieraus,  dass  die  Ansichten  über  das  Los  der  
 Menschen  im  Jenseits  auf  Nias  nicht  überall  dieselben  sind,  
 aber  in  dem  einen  P unkt,  dass  nämlich das Leben im Jenseits  
 von  dem  auf  der  Erde  abhängig  ist,  übereinstimmen. 
 In  einigen  Gegenden  von  Nias  findet  man  auch die Vorstellung, 
   dass  Menschen,  die  zu ihren Lebzeiten eine Katze getötet  
 haben,  im  Jenseits  nicht  in  das  Seelenland  kommen.  Dies  
 hängt  mit  Folgendem  zusammen:  Die  Erde  und  das  Seelenreich  
 sind  durch  eine  Schlucht  verbunden,  auf  deren  Boden  
 ein  Feuer  brennt.  Über  diese  Schlucht,  bawa  gawuwucha  gen 
 annt,  legen  die  Katzengeister  ein  Schwert,'über welches  die 
 1)  Sundermann,  H.,  Die  Psychologie  der  Niasser.  Allgem.  Mis-  
 sionszeitschr.  Bd.  XIV. 
 2)  Thomas,  J.  W.,  Reisen  im  südlichen  Nias.  Mitth.  der  geogr.  
 Ges.  in  Jena  I,  1882.