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 DRITTES  KAPITEL. 
 Wir  wollen  nun  zur  Besprechung  der  Lungenkrankheiten  
 übergehen,  die  ich  hei  den  Niassern  sehr  häufig  konstatiert  
 habe.  Ein  Teil  derselben  beruht  zweifellos  auf  Tuberkulose. 
 Besonders  im  Gebirge  ist  das  Klima  in  Nias  sehr veränderlich  
 ,  es  wehen  dort  häufig  plötzlich  kalte  W in d e,  die auf den  
 erhitzten  Körper  sehr  unangenehm  wirken  und  leicht  Anlass  
 zu  Erkältungen  geben;  besonders  wird  es  dann  der  Fall sein,  
 wenn  man, wie die Niasser, seinen Körper nicht genügend durch  
 zweckmässige  Kleidung  gegen  die  plötzlichen  intensiven Temperaturveränderungen  
 schützt.  Wenn sich zu dem kaltem Wind  
 noch  heftige  Regengüsse  gesellen,  fühlt  man  sich  manchmal  
 plötzlich  von  Kälteschauern  durchdrungen. 
 Die  Nordniasser  (Lahewa)  wenden  bei  Husten als Heilmittel  
 die  bulu  nazalöu  a n ,  diese  Blätter werden erst zerstampft und  
 dann  in  ein  Pisangblatt  gewickelt.  Dies  Päckchen  erhitzt man  
 über  Feuer,  vermengt  den  Inhalt  mit  Kokosnussöl  und  reibt  
 die  Brust  damit  ein,  oder  man  nimmt  neun  bulu  golalu, 
 deren  Spitzen  und  Stiele  abgeschnitten  werden.  Diese  Blätter  
 kocht  man  in  Wasser  und  lässt  den  Patienten  den  Abguss  
 einnehmen.  Auch  ein  mit  Reis  gemengter  Abguss  der  Blätter  
 des  Kapockbaumes  wird  von  den  Niassern  gegen  Husten  getrunken; 
   ein  anderes  Hustenmittel  bereitet  m an ,  indem  man  
 die  bulu  nasalou  und  tafo-tafo  mit  Kokosnussmilch  kocht. 
 Viel  zu  helfen  scheinen  diese  Mittel jedoch nicht, denn sonst  
 würden  die  Eingeborenen  nicht  so  häufig  zu  mir  gekommen  
 se in ,  um  sich  Hülfe  für  die  „Hustenkrankheiten” zu holen. In  
 dichten  Haufen standen die Menschen morgens früh, manchmal  
 schon  um  sechs  Uhr  und  warteten auf m ich ; merkwürdig war  
 e s ,  dass,  wenn  ich  einem  von  ihnen  eine  Arznei gab , alle die  
 zugegen  waren,  dasselbe  obat  verlangten. 
 Nach der Meinung der Eingeborenen von West-Nias(Lölöwau)  
 sind  Brustkrankheiten  eine  Folge  davon,  dass  die  Hitze  aus  
 der  Haut  in  die  Brust  zieht.  In  schweren  Fällen kommt es zu  
 Bluthusten.  Ein  obat  gegen  die  Krankheit  kennen  sie  nicht.  
 Die  Südostniasser  von  Lahusa  wissen  n u r  von  einer  Hustenkrankheit, 
   nämlich  die Afucho kea, die jedoch in verschiedenen  
 Stadien  Vorkommen  kann  und  dadurch auch zu verschiedenen  
 Symptomen  Anlass  giebt.  Die  Ursache  dieser Krankheit ist der  
 böse  Geist  Lamuha  sia  niha,  der  eine  unsichtbare  Lanze  in  
 die Brust des Patienten wirft. Zur Heilung opfert man dem wohlgesinnten  
 Geist,  Tabe  Lasa,  ein  Huhn.  Ausserdem  wird  ein  
 Pisangstamm  gefällt  und  als  Stellvertreter  des  Kranken  am  
 Fusse  eines  Hügels niedergelegt. Darauf streicht der Priester die  
 mit  Sirihkalk  vermengten  und  gekneteten  Blätter  des  Seufe-  
 baumes  auf  die  Brust  des  Patienten. 
 Auch  die  Bewohner  von  Süd-Nias  halten  beghu  für  die  
 Erreger  der  Brustkrankheiten,  es  sind  der  beghu  nadaoja,  
 -saho  und  -afocha.  Wenn  die Menschen n u r den Ruf des beghu  
 nadaoja  (ho!)  hören,  können  sie  bereits  krank  werden.  Der  
 saho  macht  die  Menschen  durch seine Berührung krank, wenn  
 sie  es  wagen  in  seiner  Nähe  im  Flusse  zu  baden.  Er haust in  
 hohen  Bäumen  und  sieht wie eine weisse Katze aus. Der afocha  
 macht  die  Menschen  dadurch  brustkrank,  dass  er  mit  dem  
 kalten  Wind  gegen  ihre  Brust  weht.  Als  Medikament  dient 
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