fernem Arbeiten dienen. Betrübend aber ist es,
wenn wir in der heutigen Medicin oft zwei Par-
teien sich sehr , schroff einander gegenüber stehen
sehen. Die eine jede physiologische Forschung
verwerfend als unpraktisch, d. h. nicht unmittelbar
eine Heilmethode bietend und streng an den
alten Grundsätzen fest haftend, nach denen die
Physiologie nur der Roman .der Medicin ist, die
andere, und sie zählt berühmte Namen, Alles
verwerfend, was die Physiologie nicht erklären
kann, und eine neue Arzneikunde schaffen wollend.
Wir glauben^, dafs nur in der Vereinigung
dieser beiden Richtungen die Heilkunde mit den
Fortschritten der übrigen Wissenschaften gleichen
Schritt halten kann *). Die Arzneikunde
soll aus dem Menschen nicht einen Uegensfand
blinder Erfahrung machen, der erst zehn Opfer
fallen müssen, ehe das eilfte gerettet wird, noch
einen Gegenstand der blofsen Naturforschung.
Weder die blofse Krankenbeobachtung, noch die
pathologische Anatomie allein wird uns zum höch*)
Mit wahrem Vergnügen wird daher der Freund
eines wissenschaftlichen Fortschrittes der Arzneikunde
die neueren Arbeiten von Homberg, St i l l ing und
Andern begrüfsen!
sten Ziele Jführen: der Heilung! — Dies wird
nur der genauen Analyse der Krankheitserschei-
nungen und ihrer Produkte zugleich möglich
seyn. Dazu achte man keine Beobachtung, so
umständlich sie Seyn möge f für überflüssig. Für
den gewissenhaften Arzt erscheint es mir daher
jetzt Pflicht, nach den Lehren unserer Vorfahren
zu handeln, sobald sie bewährt sind, wenn
wir sie auch nicht durch die Physiologie erklären
können, und die neuern Resultate anzuwenden,
wo diese nicht mehr ausreichen. So bediene ich
mich z. B. des Mikroskops oft zur Diagnose, wo
unsere bisherigen Mittel nicht genügen, und,
weil vorsichtig, mit glücklichem Erfolge. Hier
ein Beispiel. Eine Dame erkrankte hier an
einem Uterusleiden; man brachte mir ein kleines
Stückchen, das von einer Geschwulst des Uterushalses
«ich losgelöst. Ich erkannte mit dem Mikroskop
sogleich einen fu n g u s medullaris. Ich
widerrieth jeden Eingriff. Dennoch wurden Aetz-
mittel applicirt, der Hals des Uterus wurde zum
Theil zerstört und heilte scheinbar. Aber wie
immer im fu n g u s m ed u lla r is , entwickelte sich
die Krankheit in innern Theilen, und nach wenigen
Monaten unterlag die Kranke an allgemeiner
Wassersucht. Ihre Schwester wurde bald darauf