wärts, zwischen niedrigen, glatten Felsenwänden hin, bis wir
uns auf einer mit dürrem Grase und ^einzelnen Gesträuchen
bewachsenen Ebene befanden. Hier wand sich der Karava-
nenweg über den schwarzen Boden, durch Gebüschgruppen
nach Kassala hin und war, wenn auch nicht sehr betreten,
doch recht bequem zur Reise. Wir hielten uns eine zeitlang
auf dieser Strafse und hatten eine grofse, ziemlich nackte,
offene Ebene erreicht, als unser neuer Führer ungewifs wurde,
ob das Ziel unserer Reise in unserer Nähe sei. Er ging deshalb
zu einem Hirten, der, einige hundert Schritte vom Wege
entfernt, seine Ziegen hütete, und führte uns nach-einer kurzen
Besprechung mit diesem, indem er in einem rechten Winkel
von dem nach Norden gehenden Karavanenwege abbog,
in östlicher Richtung weiter. Ein dichter Mimosen wäld nahm
uns nach kurzer Zeit auf, und als wir etwa fünfzehn Mifiuten
lang denselben durchzogen hatten, kamen bereits einige zwischen
den Sträuchern liegende Hütten in Sicht. Das kleine,
aus Mattenzelten bestehende Dorf, das wir erreichten, war
Hager abiad,derWohnsitz desüed-Agayl,des obersten Schechs
der Homran-Araber. Der uns bekannte Schech empfing uns
freundlich und wies uns drei Zelte und einen gröfseren mit
Dornen eingezäunten Platz zum Aufenthalte an: Das in dem
weiten Busche versteckt liegende Zeltdorf führt mit dem ganzen
Landestheile, worin es liegt, den gleichen Namen Hager
abiad, d. h. weifser Stein, welche Benennung mehreren gröfseren,
weifslichen Felsblöcken entnommen ist, die sich in dem
etwa eine Stunde entfernten Flufsbetté des Atbarä befinden.
In einem Abstande von zwei bis drei Stunden, in ostsüdöstlicher
Richtung, erhob sich ein Berg, wenige hundert Fufs
hoch, der sich von Norden nach Süden wie ein Festungswall
hinzog und von den Homranern Akelaäi genannt wurde. Er
schien etwa 1|—2 Stunden (f geographische Meilen) lang zu
sein, und seine Entfernung vom Atbara machte wohl eine
starke Meile> die bis zum Flusse Setit vier Meilen betragen.
So weit ich bemerken konnte, war der Berg mit Gebüschen,
auch an einzelnen Stellen; mit dürrem Grase bewachsen; seine
eigenthümliche Gestaltung hatte er wie manche anderen später
von mir beobachteten Berge dem Einflüsse des Wassers
und der glühenden Sonnenstrahlen zu verdanken. Von der
Ebene aus, in welcher das genannte Zeltdorf sich befand, war
indefs aufser jener ziemlich steilen Höhe kein Berg zu sehen.
In unsere Zelte wurde ein Theil der Gepäckstücke geschafft,
gegen Sonnenuntergang jedoch schlug ich auf einem herbeigebrachten
Angereb mein Lager unter freiem Himmel auf. In
der Dämmerung fing ich noch mehrere umherschwirrende
Holzkäfer, wobei mir einige Eingeborene halfen. Die Vieh-
heerden kamen inzwischen von ihren, zu damaliger Zeit freilich
dürftigen Weideplätzen zurück, und der Schech liefs für
uns und unsere Diener ein Schaf schlachten, das von den Dienern
und den sich zum Besuch einfindenden Dorfbewohnern
auch ganz aufgezehrt wurde, bis auf einige geringe Theile,
die uns zugewiesen wurden.
Montag, den 26. December 1864. Die Kälte war in letzter
Nacht sehr empfindlich gewesen, so dafs ich, von ihr noch
lange vor Tagesanbruch erweckt, ein Feuer anzündete, um
meine erfrorenen Glieder zu wärmen. Als ich später, kurz
vor Sonnenaufgang, wo die Temperatur im allgemeinen bekanntlich,,
die kälteste ist, meine Thermometer beobachtete
fand ich, dafs sie nur 7 Grad Wärme zeigten. Dieser Thermometerstand
ist während meiner ganzen Reisen der niedrigste
gewesen. Auch ein leichter Thau war gefallen, und •
selbst die Eingeborenen sprachen ihr Erstaunen über die
plötzliche, ungewöhnliche Kälte der letzten Nacht aus. Die
gröfste, Tageswärme übrigens, die ich später fand, betrug in
der Zeit von ein bis vier Uhr Nachmittags 24 Grad im Schatten.
An dieser Stelle will ich es zugleich versuchen, dem Leser
ein Bild von einem hiesigen Nomadenzelte zu geben.
Das Material eines solchen Gehäuses besteht nur aus
einigen, zwei bis vier Zoll stärken, rohen Baumstämmen, ein
Paar nadelförmigen, über einen Fufs langen, geschnitzten
Holzstücken und sechs oder auch mehreren Palmendecken.
Letztere sind etwa 2—2| Ellen breit, acht bis zehn Ellen lang
und von Palmenbast (aus den Blättern der Fächerpalme) ziemlich
dicht und dauerhaft geflochten. In den Boden werden
-'4k