gewesen war und, der englischen Sprache mächtig, mich in
der arabischen ein wenig unterrichtete und mir manche Aufschlüsse
über landesübliche Gebräuche gab.
Als ich gegen Abend eine Zeit lang am Steuerruder stand
und mein Blick über die in den letzten Sonnenstrahlen erglühende
Landschaft sehweifte, fiel derselbe unwillkührlich auf
das im Schlepptau befindliche Boot und seine Bemannung.
Unter diesen beobachtete ich einen schon älteren, schlank gewachsenen,
wettergebräunten Mann, fast unbekleidet, der mit
seihen Kameraden das grofse Bootsegel aufzog. Der Kopf
jenes Mannes war rasirt und der Schädel zeigte eine spitz zulaufende
Form, während ein sehr dünner, weifser Bart das tief
gefurchte Gesicht umschlofs. -
Die meist phantastisch gekleideten Soldaten in unserm
Schiffe lagen oder hockten auf ihren unterbreiteten Teppichen
oder Strohdecken bunt durch einander, theils mit Konversation,
ernsthaften, beschaulichen Tabakrauchen oder Beten
die Zeit bis zur eintretenden Dunkelheit zubringend.
Diese Leute waren sarnmt ihrem Offizier an die arabische
Küste nach Wedg (Uedz) zur Sicherung jenes Landes kom-
mandirt worden. Die Entfernung von Suez bis zu jenem Hafenplatze
soll 250, bis Djidda 640 und bis Sauakin 830 Seemeilen
betragen.
In den ersten Stunden machte unser Dampfer 7—8 Meilen
die Stunde,, aber gegen Morgen nur etwa 7 Meilen.
Die Nacht verging ohne weitere Störung und das Meer
war bis Djidda fast spiegelglatt, so dafs selbst der furchtsamsten
Landratte, mit der Küste in Sicht, die fatale Seekrankheit
nicht übel mitspielen konnte. Mit den englischen Maschinisten
war ich bald bekannt und von ihnen habe ich die Nachrichten
über den Dampfer, dessen Bemannung, Tragfähigkeit
und mancherlei über die schon- genannte türkische Dampf-
schiffahrts-Gesellschaft Assidgii erhalten.
Mittwoch, den 12. Oktober 1864. Die Küsten auf affika-
nischer Sexte- erheben sich in einiger Entfernung von dem
grünlich scheinenden Meere zu einem zackig zerrissenen Ge-
birgskamme, der von der aufgehenden Morgensonne prächtig
beleuchtet wird. Diese kahlen, weifslich aussehenden Gebirge
mit ihren nackten Felswänden -haben ein sehr unwirthliches
Aussehen und rufen den Eindruck tiefer Einsamkeit und Verödung
hervor. ,
An der asiatischen Seite ist die kantige Spitze des mächtig
empor steigenden Berges Sinai ganz gut sichtbar, und die
dunkelen Gebirgsmassen hinter diesem Berge steigen in steilen
Spitzen • empor und schliefsen den Horizont. Das Meer
scheint hier 8—10 Meilen breit zu sein und, je weiter wir
kommen, enger zu werden. Ein zackiger Gebirgsstock erhebt
sich, dem Berge Sinai gegenüber, auf der afrikanischen Seite,
mit seinen spitzen, kahlen Felsenwänden an einige Theile der
Karpathen erinnernd. Die Gebirgsmassen scheinen aus Kalkstein
oder Marmor zu bestehen, wie dies ihrer weifslich rosigen
Farbe nach anzunehmen ist.
Von einigen schwarzen Matrosen, die bei einer Schiffsarbeit
an mir vorüber gingen* erregten besonders zwei meine
Aufmerksamkeit durch abscheuliche Gesichtsbildung, dem
Einen war durch Blatternarben seine schwarze Haut vielfach
zerrissen und, wie breit geschlagen, traten im Profil nur die
wulstigen .Lippen hervor, wähi*end der Andere eine grofse
Aehnlichkeit mit einem Pavian hatte und die Lippen weit über
die breiten flachen Nasenflügel herüber reichten, wodurch
ihm ein vollkommen thierisches Ansehen gegeben wurde.
Ueberhaupt konnte ich unter unserer meist schwarzen
Bemannung vielerlei Studien machen und bemerkte, nachdem
ich an die dunkle oder schwarze Hautfarbe gewöhnt war,
manche besser und sogar gut geformte Gesichter, wenn man
dabei, die Eigenthümlichkeiten der Neger-Race nicht aufser
Augen läfst. Was die Gestalt anbelangt, waren sie meist von
untadelhafter Proportion und Muskulatur, und nur einige je ner
Schwarzen hatten von den schweren Arbeiten auffallend
grofse Hände und Füfse.
Ein angenehmer Südostwind kühlte die heifse Luft, und
als ich auf das Mitteldeck ging, um dort meinen Reisegefähr-
.ten aufzusuchen, sah ich die zwei Sklavinnen der arabischen
Kaufleute auf der Windseite stehen. Die verschleierten Ge