nicht scheu, sondern blieben, wie unser Wild, an die täglich
vorüber rasselnden Züge gewöhnt, in geringer Entfernung
stehen.
Der Zug ging bergab recht schnell, und ohne Anstofs näherten
wir uns dem Ziele immer mehr und mehr.
Der Boden wurde dunkelfarbig und nahm eine festere
Beschaffenheit an, während die Berge zur Rechten, dem Anscheine
nach, steil in das tiefblaue, von einigen Dampfern belebte
Meer hinabfielen und den südlichen Theil der Rhede begrenzten.
Wir brausten an dem Süfswasserkanale dicht vorüber,
folgten der letzten Krümmung des Schienengeleises und
waren bald auf dem weiten Bahnhöfe zu Suez angelangt.
Noch bevor ich den Eisenbahnwagen verliefs, sah ich in
dem, die kleine Stadt begrenzenden Meeresarme eine Menge
kleiner Seefahrzeuge vor Anker liegen und viele schwarzbraune
Menschen, die sich badend oder schwimmend an dem,
kaum 18 Schritte entfernten Ufer hin und her bewegten.
Als der Zug in den, mit eisernem Stangengitter umgebenen
Perron eingefahren war, fanden sich eine Menge Pack-
träger, Diener und ein buntgemischtes Publikum ein. Aus
früherer Zeit kannte mein Reisefährte einen Italiener, der das
Victoria-Hötel, dicht am Meere gelegen, besafs, und dort fanden
wir Wohnung, Mittagstisch und Frühstück für 12 Franken
pro Tag. Die schweren Gepäckstücke liefsen wir in dem eingeschlossenen
Eisenbahnperron und begaben uns in das genannte
Hotel, um uns bald an der Mittagstafel neu zu stärken.
Das Victoria-Hötel hat eine hübsche Lage, aber der sonst
speculative Wirth hielt es nicht der Mühe werth, einen reinlichen
Platz sich nach jener Seite hin auszusuchen, sondern
in arabischer Unordnung und italienischem Schmutze
war die nächste Umgebung dort weder für das Auge, noch für
die Geruchsorgane einladend. Jenseits des Meeresarmes war
nur sandiger Strand zu gewahren, dahinter erhoben sich in
zackigen, scharfen Umrissen rothe Gebirge, auf denen die tief
stehende Sonne brannte, mehr nach dem Isthmus zu dehnte
sich unabsehbar eine dürre Sandfläche aus und im Vordergründe
zog sich ein langer künstlicher Damm in das Meer
I hinein, an dem weitere Arbeiten zu einem Schiffsdock gemacht
(wurden.
Die kleine Stadt Suez, aus etwa 3 — 4000 Einwohnern
bestehend, zählt schon viele europäische Ansiedler, die in
mancherlei Geschäften und allerlei Waarenhandel einen rei-
! chen Gewinn finden. Die Stadt besteht meist aus steinernen
| Häusern und hat seit Eröffnung der Eisenbahn, und der Beendigung
des Süfswasserkanals um mehr als die Hälfte an
Einwohnern zugenommen.
Das erste Hôtel ist das englische, für die nach Indien rei-
|senden Engländer bestimmt, wo gute Speisen, Getränke und
f künstlich bereitetes Eis reichlich den gutzahlenden Gästen
[geboten werden. Die Bedienung besteht dort aus indischen
[Dienern, die durch Figur, Tracht und Farbe sich wesentlich
[ von den arabischen Eingeborenen unterscheiden. Jenes Hôtel
hat auch einen hübschen, mit Blumen und Bäumen bepflanzten
, inneren Garten, an dessen Seiten sich schattige Colonna-
; den hinziehen, auch sind hier mehrere europäische Zeitungen
zu finden.
Der Eingang zu dem Hôtel ist so angelegt, dafs zur Zeit
der Fluth das Meerwasser die Terrassen davor bespült, und
man hat von da die hübscheste Aussicht über die Rhede und
den kleineren, an dem Eisenbahndamm gelegenen Hafen. Das
Meerwasser sieht grün aus und legt, wenn es sich zur Zeit der
Ebbe zurückzieht, weite Sandstrecken bis zu dem engeren,
fahrbaren Meeresarme hin blos. Die Luft kommt gegen Abend
Von dem Meere und kühlt die am Tage meist heifse Atmosphäre
ein wenig ab. So öde und eintönig die Rundsicht und
die kleine Seestadt selbst ist, so gefällt mir doch der in seiner
Weise grofsartige Charakter der Gegend. Ich gebe zu, dafs
während der gröfsten Hitze, wo selten ein leiser Windhauch
fühlbar ist, dieser Theil des rotheii Meeres nicht anziehend sein
mag, dagegen wird man am Morgen und Abend durch die
herrliche Beleuchtung, die schönen Gebirgsformen und die
kühle Luft so wohl entschädigt, dafs ich bekennen mufs, während
meines Aufenthaltes daselbst, keinerlei Langeweile und