sieht man ein weites, grofsartiges, vielfach mit Erkern und geschnitzten
Fenstergittern geschmücktes Gebäude. Dies ist der
Palast des Grofs-Imams. Zu ebener Erde befindet sich daselbst
in den weiten Hallen ein Kaffeehaus, das sehr besucht
schien, aber so unsauber aussah, dafs ich vor demselben stehen
blieb und mir ein Glas Limonade herausbringen liefs, um
nicht in zu nahe Berührung mit den Gästen zu kommen. Ein
Besuch, den ich bei einem hier wohnenden italienischen Kaufmann
machte, liefs mich einen Blick in das Innere eines jener
aus Korallenfelsen solide erbauten Häuser thun, mit ihren ho^
hen, luftigen, nur mit einfachen Möbeln äusgefüllten Zimmern.
Die Strafsen und Plätze sind im allgemeinen so ziemlich
sauber gehalten und werden an einigen Stellen reichlich mit
Wasser begossen. Die Hauptverkehrsstrafsen und der Markt
machen hiervon eine Ausnahme, denn hier sind Unrath aller
Art, Massen von Fliegen, schreiende, zerlumptaussehende Yer-
käufer, viele Ekel erregende, räudige Hunde, stinkende Fische,
oder halbverweste Thierkadaver keine Seltenheiten. Die Militärkasernen
liegen theils in der Stadt, theils nördlich von
ihr; in den Höfen liefen viele Pferde umher und liefsen auf
eine Anzahl Kavallerie schliefsen. Einige Strohhütten, durch
Zeugstreifen von bunter Farbe oder Stangen bezeichnet, verbargen
die öffentlichen Lasterorte, in denen Trommel- und
Tambourinschläger oft Beschäftigung finden.
Die Stadt hat drei Thore und zwar eins nach Westen hin,
das durch das Zollhaus dem Meere zuführt, eins nach Norden,
und eins -nach Osten, durch das der Weg sich nach der Wüste
hin bis zu dein Evagrabe zieht und dann an einigen Wassergräben
vorbei nach Mekka leitet. Einige.der epgeren Strafsen
sind durch Strohmatten, die sich von Haus zu Haus schlingen,
überdeckt und gewähren einigen Schutz gegen die glühenden
Sonnenstrahlen. Mehrere der Häuser waren aufsen an den
Mauern des Einganges und der Giebelseiten mit allerlei Zeichnungen
und Verzierungen versehen, auch sah man häufig reiche
Schnitzarbeit an Hausthüren, Fenstern und an den schwebenden,
verdeckten Erkern. Die Strafsen sind meist gerade
und nicht so winklig wie in Kairo, doch bemerkte ich mehrere
leere noch unbebaute Stellen und einige Feuerbrandstätten
innerhalb der Stadtmauern. Die Bewohner sind sehr fana- '
tisch und viele derselben besitzen, trotz ihres schmierigen
Aussehens, bedeutendes Vermögen.
Der Handel mit Reis, Durra, Kaffee, Salz, Häuten, Sklaven,
Thieren, Zeugen, Datteln, Gemüsen etc. ist ziemlich lebhaft,
und die etwa 18—20,000 Einwohner zählende Stadt, die
1.—2000 Soldaten abgerechnet, befindet sich in Wohlstand.
Eine Quantität guten türkischen Tabaks und Datteln kaufte
ich auf dem Markte und fuhr dann wieder in heifser, brennender
Sonne an Bord des Dampfers. Als ich dort anlangte,
wurden gerade einige Güter eingeladen, doch vergeblich warteten
wir auf weitere Fracht.
Die untergehende Sonne warf herrliche Schlaglichter und
beleuchtete mit brennenden Farben die weiten Ufer, das Meer
und die entfernten; zackig wilden Gebirgskämme. Mit Achmed
Efendi unterhielt ich mich lange und hörte mancherlei
Neues von ihm, dann verabredeten wir uns für den nächsten
Tag an das Land zu gehen und Eva’s Grab zu besuchen.
Donnerstag, den 20. Oktober 1864. In den ersten Morgenstunden
bestieg ich in Gesellschaft Achmed’s, ein kleines
arabisches Boot, um nach Djidda zu fahren. Wir kamen nach
etwa 20 Minuten, mit Hülfe des grofsen, dreieckigen Bootsegels,
auf der gewöhnlichen Landungsstelle vor dem Zollhause
an. Durch Erkundigungen meines Gefährten fanden
wir den. Weg-durch die Stadt und durch das Mekkathor, welches
in einen Winkel gebaut, sich durch nichts weiter als durch
seinen Namen auszeichnet. Wir betraten die grofse, sandige
Wüste und gelangten nach etwa einer Viertelstunde an den
Eingang des von niedrigen Mauern und in unregelmäfsiger
Form umschlossenen Platzes, dem die fanatischen Moslims
(Muselmänner) so grofse Verehrung zollen. Das gewölbte
Thor, höchst einfach, mit sehr festem, weifsem Mörtel bestrichen,
zeichnet sich durch, keine kunstvolle oder besonders
schöne architektonische, Arb eit aus. .Dieser Haupteingang zu
der grofsen Todtenstätte liegt südlich und ist von dem näch-
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