Handel der Stadt und hat nichts von dem nahe gelegenen Grab
der Eva erfahren.
Von dem Schiffe aus bemerkte ich, dafs die Stadt durch
hohe Mauern, Schiefsscharten und Basteien zur Vertheidigung
gegen räuberische Wüstenbewohner stark genug geschützt
sein mag, aber von der See ist sie durch grofse Geschütze
leicht zu beschiefsen. Ein befestigter Thurm, -der Rhede zunächst,
innerhalb der Stadtmauer gelegen, und zwei schlanke
Minarets ragten sichtbar über die flachenT)ächer der steinernen
Häuser empor. Mehrere Küstenfahrzeuge lagen zwischen
schützenden Korallenbänken auf der ausgedehnten Meeresfläche,
nach der Stadt zu vertheilt, denn, während zur Fluth-
zeit die kleinen Boote das Meer dort nach allen Seiten hin
durchlaufen können, müssen die etwas tiefer gehenden Küstenfahrer
sich stets in dem offenen Fahrwasser, das sich in
den Hafen herein verzweigt, halten.
Mehrere eingeborene Passagiere waren nach der Stadt
gefahren, und einer derselben kehrte von dort wieder an Bord
zurück. Zwischen ihm und dem starken, schwarzen Bootführer
erhob sich ein Streit. Der in dem Fahrzeuge befindliche
Passagier wurde von dem kräftigen, gewandten Neger mit gro-
fser Schnelligkeit an den Mastbaum angebunden, um dort in
der glühenden Sonne zu schmachten. Ein Beamter unseres
Dampfers, die beiden ersten Maschinisten, mein Reisegefährte
und ich sahen das impertinente Benehmen des Negers gegen
einen unserer Passagiere und ersuchten sofort den im Kommando
befindlichen zweiten Kapitän sich der Sache anzunehmen.
Er kam auf Deck und sah das unter vollem Segel davon
fliehende Boot; nur geringer Vorstellungen bedurfte es,
um dem gebundenen Beduinen schnelle Hülfe zu schaffen.
Der Kapitän beorderte 5 Mann des Dampfers, sofort den
fliehenden Neger nachzusetzen und ihn um jeden Preis an
Bord zu bringen.
Die Jagd war lebhaft bis an die hinderlichen Korallenbänke,
über die 'glücklicher Weise ff er Neger mit seinem
schnellsegelnden Kahne nicht hinüber konnte. Das Fahrzeug
wurde durch den Steuermann mit einem Enterhaken gefafst
übrigens nur die inneren Handflächen und die Nägel der Finger
und Füfse mit dieser Farbe. Glasperlenschnüre umschlingen
aufserdem den nackten Hals, und schwere Spangen sitzen
über den Fufsknöcheln, während ein Ring oder Knopf von
rother Farbe in dem durchbohrten, rechten Nasenflügel befestigt
ist. Der Oberkörper ist meistens entblöfst, aber nur
in dem Alter von 12 —18 Jahren nach unseren Begriffen-
schön zu nennen, indefs feine, hübsch geformte Hände und
Füfse beiden Geschlechtern eigenthümlich sind. Der Schritt
der.Wüsten-Araberin ist frei und hat nicht die traurige Trägheit
der langsam schleichenden Türkinnen: Daran gewöhnt,
Lasten meist auf dem Kopfe.zu tragen, haben die, erwachsenen
Frauen etwas starke Nacken, aber einen geraden, untadelhaften,
stolzen Gang, den man nur bei älteren Personen
vermifst.
Die Knaben gehen in den ersten Jahren wie sie von der
Natur geschaffen sind, während die drei- bis vierjährigen Mädchen
einen schmalen, aus dicht an einander sitzenden Schnuren
bestehenden Lederschurz um die Hüften haben und einige,
Glasperlen im Haar, . so wie um die Arme statt der Armbänder
tragen. Diese oberflächliche Beschreibung mag vorläufig ein
Bild von den Eingeborenen des Sudan geben, bis ich einzeln
über die verschiedenen, mir, bekannt gewordenen Vojks-
stämme weiteres mittheilen werde.
Nach meiner Rückkehr auf die Insel sorgte ich für das
Mittagsmahl und machte in den Abendstunden einen kurzen
Spaziergang an dem Ufer entlang. Eine Menge Ochsen und
Kühe wurden in den Dampfer verladen, der, wie ich hörte,
320 Stück Hornvieh als Fracht nach Suez für die Regierung
mitnehmen sollte.
Was diesen Handel der egyptischen Regierung betrifft,
so mufs ich bemerken, dafs seit Ausbruch der Viehseuche in
Unter-Egypten der Transport von Sudan-Vieh durch die Regierung
betrieben wird. Zu diesem Zwecke ist ein höherer
Beamter aus Kairo mit Schreibern und Gehülfen seit einem
und einem halben Jahre hier wohnhaft, der das als Tribut von
den Eingeborenen gegebene Vieh hier zusammentreiben läfst
Grf. Krockow, Reisen u. Jagden. I. 5