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len unzugänglichen Gebirge gestatten diesen Bergbewohnern
eine angebundene Freiheit, und nur durch List oder Gewalt
kann die egyptische Regierung bei diesem Volke den Tribut
eintreiben. Da jene Leute ein Nomadenleben führen, so wechseln
sie ihre Wohnungen je nach dem Bedürfnisse der Weiden
für ihre Viehheerden. Sehr kriegerisch, gewandt und auf sich
selbst angewiesen, haben sie ,vor den anderen afrikanischen
Volksstämmen den grofsen Vorzug, dafs sie in viel besserem
Einvernehmen unter einander-stehen und eindringende Feinde
oder Räuber gemeinsam vertreiben.
Nach der Regenzeit benutzen die Bishary die Hochthäler
oder Berge zu ihren Weideplätzen, ziehen später in die niedriger
gelegenen Gebirgsthäler und dann an diejenigen Chorbetten
des Flachlandes oder der Bergabfälle, wo Trinkwasser
zu finden und das Gras von anderen Heerden oder dem zahlreichen
Wild noch nicht zertreten und abgefressen ist.
Der vorzüglichste Reichthum dieser Leute besteht in
ihren Schaf-, Ziegen- und Rindviehheerden, sowie einigen
Eseln und vielen Kameelen. Diese weifsen, meist leicht gebauten
Thiere sind in den Wüstengegenden des östlichen Sudan
gesucht und heifsen Bishary. Unter ihnen findet man
die meisten Dromedare (arabisch Hedjin), die schnellfüfsiger
sind, als die anderen in Afrika vorkommenden Kameelrapen.
Die um Sauakin wohnenden Hirten versorgen diese Stadt mit
Milch, Butter und Käse gegen ziemlich hohe Preise. Das Aussehen
solcher Nomaden ist, wie meinem europäischen Auge
schien, wenig von den angrenzenden Hadendoa-Arabern verschieden,
die ich näher zu beschreiben suchen werde. Bevor
ich aber die Bishary verlasse, mufs ich noch eine Bemerkung
hier einflechten, die ich auf meiner Rückreise machte.
An verschiedenen Stellen des üriba- und Langheb-Gebirges
sah ich mehrere aus losen Steinen, zum Schutz gegen
Wind und Sonne kunstlos gebaute Hirtenhöhlen. Die größeren
Blöcke waren einfach zusammengelegt und boten einen
etwa 3— 4 Fufs hohen, 2— 3 Fufs breiten und selten über
8 Fufs langen Raum, der bisweilen kreisförmig war, einen niedrigen
Eingang hatte und für 2—3 Personen Platz gewährte.
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Wahrscheinlich halten sich nur die, die Heerden beaufsichtigenden
Hirten in den beschriebenen Steinhöhlen auf, während
die Familien in den Thälern die Rückkehr derselben abwarten
und dann die Zelte abbrechen, um der Weiden wegen weiter
zu wandern.
Das Land, das im Nordwesten von der nubischen Wüste,
im Südosten von den Barka-Gebirgen und den angrenzenden
Niederungen, im Süden vom Chor el Gash, den Sabderat-Gebirgen
und den Höhen, wo die Bishary wohnen, eingeschlossen
wird, ist die Wohnstätte der nomadisirenden Hadendoa-
Araber. Dieser einige hunderttausend Köpfe starke Stamm
besitzt besonders grofsen Reichthum an allerlei Viehheerden
und hauptsächlich an vielen, weifsen Kameelen.
Der Hauptort und Wohnsitz ihres obersten Schechs ist
Mitkinab, aufserdem liegen Filik und Maman, zwei bedeutende
Marktdörfer, in ihrem Gebiete. Die Hadendoa sind kriegerisch
gewandte, leicht erregbare, jähzornige, streitsüchtige
Leute und, was Muth und Tapferkeit an betrifft, nicht zu verachtende
Feinde. Sie waren im Sudan mit unter den Letzten,
die der egyptischen Herrschaft widerstanden, sie mufsten
sich aber der Uebermacht beugen, doch zählen noch jetzt verübte
Mordthaten an den, den Tribut eintreibenden Soldaten
nicht zu den Seltenheiten.
Die türkisch-egyptische Regierung hat sich überhaupt in
letzter Zeit sämmtliehe Bewohner des Sudan zu Feinden gemacht,
Altem Herkommen gemäfs besteht unter all diesen Volksstämmen,
so weit sie von arabischer Abkunft sind, oder doch
viele arabische Elemente in sich aufgenommen haben, der Gebrauch,
dafs Karavanen anderer Stämme Führer und einige
Kameele aus dem zu durchreisenden Lande miethen, widrigenfalls
Ueberfälle und Ermordungen zu erwarten sind.
Ist aber einmal Blut geflossen, dann tritt das abscheuliche
Recht der Blutrache ein, durch das für einige Mordthaten oft
hunderte von Menschen dem entbrennenden Streite in kurzer
Zeit zum Opfer fallen. Theilweise mag jener Brauch auch
durch die örtlichen Lagen bedingt sein. Das Bishary lebt nicht