ten und, vergeblich das Erlöschen des Lichtes erwartend, in
wunderlichem Zickzacklauf ihrem Führer folgten.
Während des ganzen Tages werden, wie gesagt, die Promenade
und die zu beiden Seiten befindlichen Fahrwege mit
Wasser reichlich begossen, so dafs kleine Tümpel an manchen
Stellen sich viele Stunden halten; was wohl zur Kühlung, keineswegs
aber zur Reinlichkeit beiträgt: Die Strafsen, besonders
des älteren Stadttheiles, sind nach deutschen Begriffen
unglaublich schmutzig, und selbst in dem neueren, von Europäern
und vornehmen Eingebornen bewöhnten Stadttheil sieht
man europäische Muster mit orientalischer Unordnung und
Sorglosigkeit und mit Schmutz so übertüncht, dafs die Vorbilder
kaum ihrer Form nach wieder zu erkennen sind. Eine
wahre Landplage aber sind die zudringlichen Fliegen undMük-
ken, welche von dem heifsen egyptischen Sande-in Milliarden
erzeugt, die Häuser unsicher machen und ihrem Opfer unbarmherzig
das Blut aussaugen.
Wenn man die einstige Herrlichkeit der Stadt Alexanders
des Grofsen bedenkt, wie sie in der Zeit der ptolemäischen
Herrscher Egyptens auf blühte, wie sie sich mit ihren hohen Palästen
und prächtigen Tempeln stolz im Meeresspiegel beschauen
konnte, wie sie lange Jahrhunderte hindurch ein
Brennpunkt für Wissenschaft und Kultur war, und wenn man
jetzt ihren erbärmlichen Zustand und die Rohheit ihrer Bewohner
betrachtet, so mufs man Trauer empfinden über den
Verfall der grofsen Königsstadt.
In den Vormittagsstunden des nächsten Tages war ich
mit Ordnen meiner Gepäckstücke, Korrespondenzen und anderen
schriftlichen Arbeiten beschäftigt. Gegen 1 Uhr begab
ich mich an den Eisenbahnhof, von wo stündlich kleine Züge
nach dem in einer Wüste liegenden Ramie (heifst Sand) sich
begeben. An jenem Bahnhofe befindet sich etwa 80 Schritte
vomMeere entfernt ein Obelisk, ein Denkmal aus der alten Pharaonenzeit,'
das die späteren griechischen Herrscher des Landes
einst hierher gebracht haben, jetzt aber durch Sand fast
verschüttet ist.
Einer Einladung des Herrn Generalkonsuls zufolge, unternahm
ich den Ausflug nach Ramie, ich kam do,rt nach etwa 25
Minuten an, suchte mir unter den schreienden und ihre Thiere
anpreisenden Jungen einen Esel aus und bestieg den kleinen
Vierbeiner, um mich über Steine und sandige Wege bergan
tragen zu lassen. Ich kam an verschiedenen Landhäusern europäischer
Konsule, an Mattenzelten, einigen Gruppen von Fächerpalmen
vorüber und hatte plötzlich oben die Aussicht auf
das dunkelblaue mittelländische Meer. Dieser erfrischende
Blick liefs mich ein wenig die mich umgebende Oede, die Unordnung
und die glühenden Sonnenstrahlen vergessen. Dann
führte mich der Weg durch enge Pfade zwischen umzäunten
Gärten hin, ich sah die preufsische Fahne lustig in den Lüften
flattern und hielt sogleich an dem von einer Mauer umschlossenen
Landsitze des preufsischen Generalkonsuls. Ich wurde
sehr freundlich empfangen, noch ein anderer, jetzt verstorbener,
ostpreufsischer Landsmann fand sich als Gast ein, und unser
liebenswürdiger Wirth und seine Gemahlin boten alles auf,
uns den kurzen Aufenthalt angenehm zu machen.
Nach dem Mittagessen sah ich mir den kleinen mit vielerlei
Blumen, Früchten und Gemüsen bewachsenen Garten an
und hatte von dem flachen Dache des Hauses einen grofsarti-
gen Anblick bis in die Stadt, auf die vielen Nilarme, die Palmenwaldungen
und das mit einigen Segeln und Dampfschiffen
bedeckte, blau im Sonnenlichte glitzernde, mittelländische Meer;
aber darüber hinaus schweifte mein Blick in die ferne, unsichtbare
Heimath, und meine Gedanken weilten im trauten Kreise
meiner Verwandten und Freunde. Es war das letzte Mal für
längere.Zeit, dafs es mir gestattet war, in meiner Phantasie
mir heimathliche Bilder hervorzuzaubern; doch als ich herabstieg
und meines Vorhabens gedachte, da war die Hoffnung
mir auch zur vollen Gewifshßit geworden, dafs ich alle Mühen
und Gefahren auf meiner Reise bemeistern und mein Vaterland
Wiedersehen würde.
Gegen 6 Uhr empfahl ich mich bei dem Herrn und der
Herrin des hübschen Landhauses, bestieg den mich am Thore
erwartenden Esel, trabte über den holperigen, sandigen Weg
Qrf. Kr ockow, Reisen u. Jagden. I. 2