steckte sich nach ihrem Aufgange etwa eine Stunde hinter
weifsgrauen, massig gelagerten Wolken. Das Meer war glatt
wie ein Spiegel, und die Umrisse der afrikanischen Küste
konnte man nur in weiter Ferne sehen. Das Schiff machte
nach dem ausgeworfenen Log nur 6| Meilen in der Stunde.
Der sehr leise Südostwind war nur als 'ein leichter Zug zu erkennen
und die Atmosphäre nicht so rein, wie am gestrigen
Tage. Um 1 Uhr Mittags zeigte die Luft Ö ' o O ' 24 und das Meerwasser
22 Grad Wärme. Das Schiff steuerte nach Südost und wir
schwebten zwischen Himmel und Wasser. Mein Thermometer
zeigte Abends 7 Uhr 22| und um 10 Uhr bei dem etwas
frischer wehenden Südostwinde 22j Grad Wärme.
Freitag, den 14. Oktober 1864. Das Schiff' fahrt in ostsüdöstlicher
Richtung, und kurz vor Sonnen-Aufgang hat
die Luft 23| und die Wasseroberfläche des Meeres 23 Grad
Wärme, während der Himmel mit leichten, schmalen Wolken
bedeckt ist. Das Meer erscheint sehr dunkelblau, und seine
Oberfläche zittert nur leicht bewegt in den hellen Sonnenstrahlen.
Gegen 7 Uhr Morgens kam linker Hand die Küste
der Halbinsel Sinai mit ihrem letzten Vorgebirge Räsel Moha-
med (Kopf des Mohamed) in Sicht, und ein ödes kleines Felseneiland
tauchte bald darauf aus den Wellen auf. Nach einiger
Zeit waren auch die nackten, zackigen Gebirge und die an
ihrem Fufse sich hinziehenden sandigen Küsten von Arabien
zu sehen. Eine allgemeine Bewegung unter den Soldaten deutete
mir an, dafs sie ihrem Ziele nahe sein mufsten.
Während ich-die wild zerrissenen, schroffen Küsten beobachtete,
bemerkte ich an einer Höhe einen kleinen, viereckigen
Thurm und mehrere zerstreut liegende Hütten.
Unser Dampfer bewegte sich in verschiedenen Richtungen
der nahen Küste zu und befand sich um 10 Uhr Morgens
in der kleinen sicheren Hafenbueht vorWedg (Uedz). Die Maschine
liefs ihren gellenden Pfiff erschallen, die Anker rasselten
in die durchsichtige Tiefe, und ein Boot wurde in das Meer
gelassen. Unsere Ankunft brachte eine grofse Bewegung unter
den Bewohnern der kleinen, kaum 100 Schritte entfernten
Stadt hervor. Auf dem viereckigen Kastellthurme entfaltet
fcich die türkische Halbmondflagge. % Ein Boot mit mehreren
■Personen nähert sich unserem Schiffe. An der Schiffstreppe
langelangt, steigt zuerst der Hafenkapitän heraus, und ihm fol-
Igen Soldaten, Polizeimannschaften und Sklaven. Der hochge-
jwachsene alte Mann mit braunem, von einem langen weifsen
■Barte umgebenen Gesichte, das Haupt mit einem rothen Tar-
Ibusch (Fez) und darum geschlungenen, bunten, im Winde flat-
Iternden, seidenen Tuche'bedeckt, betritt den Schiffsboden und
■überschreitet im langsamen, schleppenden Gange das Verdeck.
■Die üblichen Begrüfsungsformen werden gewechselt, dann erscheint
Kaffee, während die Kapitäne und der Bimbascha sich
■mit ihrem Besuche auf niedrige Sessel setzen und- ihre Pfei-
Ifen durch dienstfertige Sklaven anzünden lassen. Während
■dieser Zeit wurde ein langes Tau an das Ufer gebracht und
Basselbe unter eintönigem Gesang der Schiffsmannschaft befestigt
und ausgespannt.
Mit Hülfe dieser Verbindung erfolgte später die Ausschiffung
der Mannschaft, der Thiere und des Gepäcks. Der kleine
Kaien von Uedz wird selten von Dampfschiffen, dagegen von
Küstenfahrern häufig aufgesucht und mag kaum 400 Schritte
■breit und um ein geringes länger an der Meeresoberfläche
[sein.
Eine Menge Korallenbänke verengen das 18—19 Fufs tiefe
[Fahrwasser noch bedeutend,, aber die Schiffe liegen hier bei
[dem gröfsten Sturme ganz sicher. Die Küsten sind nackt und
pde, Sand und braune Korallen bilden die hauptsächlichsten
[Bestandtheile ihres Bodens, und die.60—80 steinernen Häute
r oder leichten Zelte der Eingeborenen nehmen gerade keine
»nziehende, zur Ruhe einladende Stelle ein. Eigenthümlich
■vild und unordentlich aussehend, mit seiner im Orient nie fehlenden
Unreinlichkeit, macht jener kleine Ort einen originelle
n Eindruck. Die kleine Befestigung auf der geringen Höhe
Berleiht ihm seine Sicherheit vor den räuberischen benachbarten
Wüstenbewohnern. Während er j etzt nördlich von dem
Kleinen natürlichen Hafen liegt, befand er sich früher südlich.
■Us aber kriegerische Machbaren das Dorf überfielen, es plün-
^Berten und einen Theil seiner Bewohner ermordeten, flohen