einzelnen Büschen oder geschlosseneren Gruppen dorniger
Mimosen bekleidet war, ging es in nördlicher Richtung weiter.
Die Sonnenhitze nahm mehr und mehr zu. Gegen zehn Uhr
Morgens passirten wir das kleine Thal, in dem sich das fünfzehn
bis zwanzig Schritte breite Bett des Chor el Gergaf hinzieht,
und lagerten eine Stunde später unter einzelnen, freilich
wenig Schatten gebenden Gebüschen. Die an binden Ufern des
Chor el Gergaf wachsenden Bäume waren sehr niedrig, der
Boden daselbst erschien von sandiger Beschaffenheit und erhob
sich etwa zwei Fufs über dem Flufsbette. Davon, dafs
in der Regenzeit das Wasser sich über die Uferbänke ergossen
habe, waren keine Spuren zu bemerken, auch mag die Menge
des zusammenfliefgenden Regenwassers nicht sehr bedeutend
sein. Durch die Angaben des Herrn Munzinger veranlafst,
glaubte ich anfangs, dafs die verschiedenen Chors theils im
Sande verlaufen, oder dafs sich alles hier herabströmende Regenwasser
in den Chor el Gash ergiefse. Einzelne Beobachtungen
an den Uferrändern brachten mich zu keinem sicheren
Resultate, ich stellte dann bei unseren Begleitern nähere, aber
ebenfalls unergiebige Nachforschungen an und habe erst auf
meiner letzten Reise an dem Atbara herunter, aus eigenen
Beobachtungen und Erkundigungen, den richtigen Schlufs ziehen
können. — Da vor mir in diesem Landestheile kein Europäer
zu wissenschaftlichen, besonders geographischen Erforschungen
eingedrungen war, ergriff ich die Gelegenheit, diesen
noch unbekannten Theil Ost-Afrikas, so gut es meine wenigen
Instrumente und Hülfsmittel erlaubten, so weit als möglich aufzunehmen.
Nach Westen hin bereiste Mehemed Beg im Jahre
1824 und noch weiter westlich Herr Lejean im Jahre 1860 einen
Theil dieser terra incognita. Mehemed Beg hat zuerst den
Berg Kosle (aber mit einem Fragezeichen) in seiner Reiseroute
aufgeführt, und seitdem figurirt jener Berg auf allen genaueren
(Karten. Trotz meiner mehrfachen am Atbara, Setit und
den Dörfern um den Djebel Esehr eingezogenen Erkundigungen,
habe ich von einem Berge oder Dorfe Kosle nichts erfahren
können. Der Berg ist seit jener Zeit jedenfalls nicht
verschwunden, da weder vulkanische Erscheinungen, noch
der äufsere Einfluf» von Sonne, Wind und Regen in einem so
kurzen Zeiträume eine solche Erhebung zerstören und dem
übrigen Boden gleich machen könnte. WohJ aber ist es möglich,
dafs der Berg Esehr oder der fast in gleicher Breite, nahe
dem Atbara gelegene Berg Akelaäi darunter verstanden werden
muf». Die verschieden klingenden Namen sind von keiner
greisen Bedeutung und werden unter den Nomaden-Völ-
kern sehr leicht gewechselt; denn sobald ein Volksstamm von
einer neuen Gegend Besitz ergreift und die dort gelegenen
Ländereien als seinen Acker- oder Weidegrund betrachtet, so
legt er auch den verschiedenen Orten und Plätzen dieses Landstriches
meist neue Namen bei. Vor etwa fünfzig Jahren sind
aber die Homraner an die rechten Ufer des Atbara und Setit
von den Hadendoa’s gedrängt worden. Nun ist es sehr leicht
möglich, dafs der genannte Reisende von einzelnen, damals
noch in kleinen Resten hier zurückgebliebenen, ehemaligen
Bewohnern den fraglichen Berg hat nennen hören, und so ist
derselbe unter dieser Bezeichnung in den Karten aufgenommen
worden. Die beiden genannten Reisenden wissen nichts
von den Regenbetten der Chors Gergaf noch Kashmilkirba
und müssen während der Nacht dieselben durchzogen haben.
Jedenfalls ist es befremdend, dafs sie der in diesem von ihnen
bereisten Landestheile schon ziemlich breiten Chorbetten
keine Erwähnung thun. Dagegen spricht Herr Lejean von
denselben, doch sind die Einzeichnungen in den betreffenden
Karten wohl nicht auf eigene Anschauung basirt Da die
Mündungen beider Chors kaum zwei Stunden von einander
entfernt liegen, bin ich zu der schon ausgesprochenen Annahme
geneigt.
In Betreff des Berges Kosle gebe ich zu, dafs er sich in
dem von mir nicht berührten Theile, weiter nördlich von dem
Wege von Hager abiad nach Djebel Esehr zu, in jener trok-
kenen, unbewohnbaren Gegend befinden kann. Wie ich aber
schon bemerkte, wufsten die Eingeborenen nichts von einem
solchen Berge, und da auch ich denselben nicht a u s f in d ig m a chen
konnte, so kann ich denselben meinerseits nicht annehmen,
gebe also in meiner Karte nur die von mir gesehenen Ge-
Grf. Kr o c k ow, Reisen n. Jagden. I. 13