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Ueberdrufs empfunden zu haben, sondern von dem stets wechselnden,
aber immer schönen Anblick dieser Gegend gefesselt
worden zu sein.
Jene Stadt liegt aufserdem sehr gesund, und ansteckende
Krankheiten kommen dort selten hin, denn schlechte Miasmen
werden wohl durch die reine Wüsten- oder Meeresluft bald
verdrängt.
Am nächsten Morgen hatte ich um Sonnenaufgang den
schönsten Anblick der prächtig beleuchteten Landschaft. Die
Sonnenstrahlen glitten glänzend über die Wüste hin oder sie
brachen sich vielfältig an den starren Felswänden und warfen
ihren Schein auf die Schwingen flatternder Seevögel und die
Segel hinaustreibender Schilfe, die den breiten Meeresstreifen
belebten.
Auf einem Spaziergange und Besuche in der Stadt bei
einem italienischen Kaufmann sah ich einige Moscheen und
das grofse Zoll-Gebäude, sowie das von einer wehenden Fahne
geschmückte englische Konsulat. Vor einigen. Kaffee- und
Trinkhäusern war allerlei Schiffsvolk versammelt, das lustig
in den Tag hinein zu leben pflegt, so lange Kasse und Kredit
ausreichen, die hohen Preise zu zahlen.
Das, was die Stadt vor Allem wichtig gemacht und was
auf sie das Interesse von ganz Europa gelenkt hat, ist der pro-
jectirte Bau des Suezkanals. Er hat in der neueren Zeit viel
von sich Reden gemacht und manche sanguinische Hoffnung
ist an seine Vollendung geknüpft.
Es unterliegt gar keinem Zweifel, dafs ein derartiges kostspieliges
Werk, wenn es zur Vollendung gelangte, eines der
grofsartigsten Unternehmungen unseres Jahrhunderts sein
würde. Der Gedanke eines Durchstichs der bekannten Landenge,
vonPelusium aus in südlicher Richtung nach dem rothen
Meere und dem heutigen Suez zu, ist schon in alten Zeiten
in Angriff genommen, ja , sogar in gewissem Grade vollendet
worden. Schon Neko, einer der alten Pharaonen, hatte
das Werk ziemlich zur Ausführung gebracht, liefs es dann
aber, aus Besorgnifs, doch nur für die Fremden zu arbeiten,
liegen. Darius Hystaspes, der Perserkönig, vollendete indessen
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den Kanal, und selbst bis zur Zeit der Kleopatra ist er noch
fahrbar gewesen, bis er nach und nach in Vergessenheit gerieth
und durch Wüstenstürme verschüttet wurde.
Mit Hülfe des verstorbenen freigebigen Vice-Königs von
Egypten ist es Herrn von LesSeps gelungen, eine, wie schon
gesagt, alte Idee wieder in das Leben zu rufen. So lange jener
Monarch lebte, billige Arbeiter stellte, allerlei Hülfsmittel und
80 Millionen Franken als Actien dazu gab oder, so. zu sagen,
in das Wasser warf, schritten die Arbeiten rüstig vorwärts und
brachten zunächst der-Stadt Suez ganz besondere Vortheile ein.
Diese kleine Handelsstadt am rothen Meere mufste in früheren
Zeiten alles süfse, trinkbare Wasser auf Kameelen aus dem Nil
beziehen, während jetzt derSüfswasserkanal von diesem Flusse
aus, durch die Wüste geleitet, gutes Wasser zuführt und, wie
schon bemerkt, sehr zur Vergröfserung jener Stadt beigetragen
hat.
Was nun den gröfseren, noch im Bau befindlichen Meereskanal
anbelangt, so haben die Gegner desselben wohl nicht
ganz unrecht, wenn sie zweifelhaft auf dessen Vollendung blik-
ken. Die verschiedenen Höhen der beiden Meere, die Klippen
des rothen Meeres und die dort herrschenden Winde sind die
geringsten .Hindernisse, welche sich dem Baue und der Schifffahrt
auf dem Kanäle entgegen setzen werden. Eine viel grössere,
nicht leicht zu überwindende Schwierigkeit scheint mir
die Strömung im Mittelmeere zu sein. Diese versandet nämlich
die afrikanischen Häfen, während die südeuropäischen,
von derselben ausgekehrt, befahrbar bleiben und ohne künstliche
Hülfe verbessert werden. — Das jetzige Pelusium liegt
fast an der Stelle der alten Stadt, aber früher vom Meere bespült,
ist es jetzt durch grofse Sandberge davon getrennt.
Durch kostbare Bauten ist ein neuer Hafen hergestellt,
aber wie viele Dampfbagger werden täglich arbeiten müssen,
um den abgetriebenen, sich ablagernden Sand fortzuschaffen,
und wohin dieses leicht vom Winde zerstäubte Material an jenen
schon sandigen Küsten bringen?
Ohnehin ist das Sandtreiben in derWüste ein wesentliches
Hindernifs in dem Weiterbau, und Tamarisken-Pflanzungen,
Grf. Krockow, Reisen u. Jagden. 1. 3