Nach einiger Zeit verliefsen wir diesen Herrn und ich
kehrte in meine Wohnung zurück. Ueber Quedaref erfuhr ich
noch nachstehende Notizen. Die Einwohnerzahl ist nicht genau
anzugeben und schwankt zwischen 2—3000, die 50—80
Soldaten abgerechnet. Die Letzteren sind hier wegen Tribut-
Eintreibens, sowie zur Aufsicht und Sicherheit stationirt, doch
kann man sich auf ihren Schutz wenig verlassen. Als vor einigen
Jahren der berüchtigte WoadMeekNimmr, ehemals egyp-
tischer Unterthan, jetzt unter dem Schutze Abyssiniens, an
dem Flusse Setit herunterzog und an einem Markttage über
El Quedaref herfiel, retirirten die Soldaten und maehten es
dem Räuber um so leichter, Waaren und Thiere als Beute,
und viele Einwohner in die Sklaverei nach seinem Gebiete
zu schleppen. Die Umgegend hat einen grofsen Reichthum
an braunen Schukrie-Kameelen, weniger an Eseln, dagegen
nährt sie wieder zahlreiche Rindvieh- und Ziegenheerden,
auch trifft man einzelne Pferde an, theils dem Schech, theils
den Soldaten oder einzelnen Giraffen-Jägern gehörig.
Die Rindviehheerden bestehen hier, wie in dem ganzen
von mir bereisten, östlichen Sudan, aus Buckelvieh; die Thiere
haben kurze, aufrecht gewundene Hörner, sind von rothbrau-
ner, grauer oder weifsgefleckter Farbe, schlank gebaut und
flüchtig in ihrem Laufe. Um El Quedaref sah ich grofses, dum
kelgrau gefärbtes Hornvieh, das mit Wasser beladen war und
zum Tragen von Lasten, ja sogar zum Reiten von den Eingeborenen
benutzt wurde.
Die einförmige, öde Umgebung von El Quedaref hat fast
gar keine Vegetation aufzuweisen, selten nur einen der niedrigen,
sehr giftigen Oshar-Sträuche, eine Art Asclepia, dagegen
beleben zahlreiche Kameele die trostlose Landschaft.
Zu Weidegrund, sowie stellenweise als Fruchtland, ist dieser
Boden wohl recht brauchbar, aber aller Annehmlichkeiten
entbehrend, haben die Bewohner höchstens den Vortheil des
Genusses einer reinen, gesunden Wüstenluft.
Sonntag, den 18. December 1864. Der Himmel war in
Nordost mit leichten, weifsen Wolken bedeckt, um Sonnenaufgang
herrschte eine recht empfindliche Kälte. Ein mit Wolken
bedeckter Himmel' ist hier sehr selten und nur während
der später (im April, Mai und Juni) eintretenden Regenzeit,
nach den erfolgten Gewittern und Regengüssen eine häufiger
vorkommende Erscheinung. In Begleitung des Herrn Missionärs
Bühler ging ich durch die Strafsen und Gassen des Ortes,
die Gelegenheit benutzend, das Leben und Treiben der
Eingeborenen genauer zu beobachten.
Die Bewohner El Quedaref s bestehen aus Schukrie-, Ra-
kubin- und Djialin-Arabern, einigen Griechen, Kopten und einigen
hundert Tagrüri-Negern. Aufserdem halten sich vereinzelte,
den Dabaina- oder Homran-Araberstämmen angehörende
Familien z u verschiedenen Zeiten- hier auf. Ich beschäftige
mich hier nur ipit dem gröfsten, vorherrschenden Theile
der Bewohnerschaft, den Schukrie-Arabern, und gebe darüber
folgende genauere Beschreibung.
Die Schukrie-Araber sind, Gestalt und Ansehen nach,
den schon beschriebenen Hadendoa’s sehr ähnlich, doch begegnet
man hier öfter kleinen, gedrungenen Figuren. Der
Teint ist, mit wenig Ausnahmen, kastanienbraun oder schwarzbraun
mit starkem Glanz, die Haut selbst zart und weich anzufühlen.
Dies Letztere ist wohl durch die reichlichen Oel-
oder Fett-Einreibungen bewirkt, und die so leicht empfindlich
gemachte Haut wird darum oft von ansteckenden Krankheiten
v wie Blattern, Flechten u. s.w., befallen. Die inneren Handflächen
und die Fufssohlen sind merklich heller, als der ganfte
übrige, dunkelfarbige Körper. Nur die reicheren Männer,-aber
fast alle Frauen, färben ihre Finger-, oft auch ihre Fufsnägel
mit der röthlich beizenden Farbe des Hennastrauches. An
den Fingern bemerkte ich augh bei den Kameeltreibern grö-
fsere oder kleinere silberne Ringe, aufserdem Amulette, die
in Lederkästchen, an kurzen Schnüren von gleichem Stoffe am
rechten Oberarme befestigt waren. Die Frauen tragen hier,
wie bei allen von mir besuchten Araberstämmen, jede Last
auf dem Kopfe, und haben deshalb wohl verhältnifsmäfsig
stärkere Hälse, als ich sie bei den Männern bemerkt habe. Mit
Perlschnüren von bunt gefärbtem Glase, Holz, Muscheln oder
dazu tauglichen Fruchtkernen, vielen Ringen, Arm- und Bein