Lichtes und der Wärme aus ihrem nächtigen Traume zu
neuem Tagewerke, zu neuem Lehen. Da wir uns dem etwa
eintausend und zweihundert Fufs über die Ebene sich erhebenden
Berge Abu Gaml näherten, konnte ich die einzelnen
Stemgeschiebe, die aus einer Art Granit bestehen, deutlicher
bemerken. Dann zogen wir an dem unter dem Namen el Gid-
dir bekannten Berge vorüber, der durchaus, von felsiger, wilder
Beschaffenheit war, und an dessen Fufs eine Menge zer-
spaltene Felsstücke und grobes Gerölle liegen. Eine nackte
Sandfläche trennte den mächtigeren, kühn und spitz hinaufragenden
Felsenberg Abu Gaml mit seinen jäh abstürzenden
Wänden von seinem kleineren Nachbarn. Seiner Form nach,
benennen die Eingeborenen diesen scharf zugespitzten Berg,
Abu Gaml, weil sie. mit vieler Einbildung darin den Riesenhöcker
eines Kameeles zu erkennen meinen. Ich meinestheils
möchte dergleichen spitzhöckerige Thiere nicht besitzen, um
durch Zufall nicht auf einer solchen Rückenerhöhung gespiefst
zu werden. Der Volksmund giebt aber in allen Ländern den
Bergen, Thälern und Landschaften oft ganz sonderbare Namen,
theils treffend, theils aus Verwechselung der Begriffe herrührend,
daher ist den Bewohnern'des Landes um den Chor el
Gash eiiie solche Bezeichnung des genannten Berges zu verzeihen.
Um so mehr bleibt auch der. Name in allgemeiner Geltung,
weil kein anderer, den hiesigen Verhältnissen mehr entsprechender,
so leicht gefunden werden dürfte. Der Abu Gaml
soll das ganze Jahr hindurch eine gröfsere Quantität Regenwasser
zwischen seinen Felsen in verschiedenen, von der Natur
gebildeten Cisternen, haben. Diesem Umstande ist das
Vorkommen mehrerer WUdarten, wie Antilopen, Gazellen und
Perlhühner zuzuschreiben, desgleichen dieBenutzung der umliegenden
Ländereien zu Kameel-, Schaf- und Ziegen weiden
während gewisser Jahreszeiten. Das nächste Dorf, besonders
von Mana- oder Menna-Arabern bewohnt und nach ihnen benannt,
liegt noch etwa ein und eine halbe geographische Meile
entfernt an den Ufern des Chor el Gash. Diese sonst recht
fruchtbar aussehende, mit vielem Gebüsch bewachsene Gegend
ist den Thieren des Waldes hauptsächlich überlassen, vor einiger
Zeit war sie zugleich wegen einer Räuberbande, die sich
hier aufhielt, verrufen. Auch während wir unter den grofsarti-
gen Steinblöcken langsam vorbeizogen, sprachen unsere Diener
viel von (arrimie-hä getier) Räubern und blickten schüchtern
auf jedes am Wege liegende Felsenstück, wegen der vielleicht
dahinter versteckten Strauchdiebe.. Um die Leute zu er-
muthigen, ging ich der Karavane, etwa zwanzig Schritte voraus.
Als sie keine der erwarteten Schreckensgestalten zu
sehen bekamen, lachten einige selbst über ihre Furcht. Unsere
Diener haben dann unter ihren Landsleuten in Kassala
und an anderen Orten den Verruf dieses Berges wegen dort
sich aufhältender Räuber als grundlos erklärt und so die leicht
in Schrecken gesetzten Eingeborenen hierüber beruhigt. Der
Berg ist übrigens zu einem Räuberlager sehr gut geeignet,
da ein in der Mitte desselben, nach Westen zu, aufgestellter
Posten alle Karavanen auf dem Wege*, nach el Quedaref gewahren,
seine unten lagernden Gefährten von einem solchen
Zuge benachrichtigen und wiederum die Soldatenpatrouillen
leicht beobachten kann, um bei Zeiten sich ihnen durch die
Flucht zu entziehen.
Ein leichter Nordnordostwind kühlte die immer heifser
werdende Luft ein wenig ab, als wir an dem Fufse der glatten
Felswände vorüberzogen. Einige der zerstreut, weit von
dem hohen Berge abliegenden Felsenblöcke waren vierzig
Fufs lang und zwanzig Fufs breit, bei drei bis fünf Fufs
Dicke. Ueber eine halbe Stunde brauchten wir, um an jenen
Felsehbergen vorüberzukommen und am Horizont die breiten
kuppelartigen Massen des Djebel Kassala hervortreten
zu sehen. Ohne einen Weg zu verfolgen, strebten wir nun
über schwarzen Boden, Sand und Grasfelder, oder quer durch
dornige Gesträuche der vor uns liegenden Landmarke zu.
Einige Wildsteige und veraltete Viehwege konnten wir dabei
theilweise benutzen, dann, nachdem der Abu Gaml etwa ein
und eine halbe Stunde (dreiviertel Meilen) hinter uns lag, lie-
fsen wir uns, der zunehmenden Hitze wegen, unter einigen
Gesträuchen nieder. Die Thiere wurden abgeladen, und wir
verschliefen im dürftigen Schatten jener Büsche einige Stun