auf die bezeichnete Stelle zu. Unsere Begleiter sagten, dafs
wir an einem grofsen Wanderlager von Beni-Amer und Ba-
rea wären und wollten neben der Umzäunung unser Nachtquartier
aufschlagen. Wir aber verlangten Einlafs und riefen
einige Männer aus dem von einem Dornenzaun umgebenen
Lager herbei. Diese entfernten einen der schliefsenden Dornenbäume,
dann fanden wir neben einem Zelte und einigen
dort liegenden Kälbern, auf einer sandigen Stelle, genügenden
Platz für uns und unsere Thiere. Ein Feuer war bald angezündet,
und durch Tausch gegen Tabak erhielten wir sehr
viel frische Kuhmilch von den willigen Hirten geliefert. Der
eine Diener meines Reisegefährten stellte dann ohne Auftrag
weitere Forschungen nach Milch an und schlug einen der Eingeborenen.
Sofort umringte eine dunkele Mauer von lanzenbewaffneten
Männern unser Lager und wir' befanden uns in
einer peinlichen Lage.
Mein Reisegefährte erzählte mir den ganzen Hergang
(damals verstand ich noch zu wenig arabisch) und ich rieth
ihm, schnell seinem Diener ein paar gehörige Hiebe zu geben,
das würde die Rache am besten ab wenden, wenn die Hirten
sähen, dafs wir, ihnen Recht gebend, den unverschämten Diener
selbst bestraften. Die sofortige Ausführung erwies sich
sehr erfolgreich, und die Leute verloren sich unter ihren Vieh-
heerden, während wir, unsere Waffen in Bereitschaft, noch
lange am Lagerfeuer wachten. Dann schlief ich ein und wurde
während der Nacht nur einmal durch den dröhnenden Lauf
der Viehheerden erweckt, die von Löwen geschreckt, sich
dicht an einander drängten, während einige Männer brennende
Holzstücke nach dem Raubthiere warfen. Später schlief ich
noch einige Stunden, aber vor Sonnenaufgang wurden die
Kameele wieder zur Weiterreise gepackt.
Sonntag, den 4. December 1864. Wir verliefsen das Wanderdorf,
oder eigentlich das an. einer Felsen wand gelegene
Hirtenlager, als der erste goldene Schein der Sonne im Osten
auftauchte. Das Terrain war sehr uneben und sandig, dann
wechselte es mit fettem, von der Hitze zersprungenen, von
dornigen Mimosen bewachsenen Boden ab. Auf ausgetretenen
Viehwegen zogen wir nach Ostsüdost, indem wir fortwährend
eine herrliche Aussicht nach dem breiten, mächtigen
Berge Dägorba und die Gebirge von Algeden vor uns hatten.
Ein kühlender NO.-Wind und der etwas bewölkte Himmel
machten die ersten Stunden der Reise in der buschigen stillen
Wildnifs zu einem angenehmen Spaziergang.
In südsüdöstlicher Richtung reckten sich die mehrere
tausend Fufs hohen Bazen-Gebirge in die Luft, und wir hatten
sehr viele ihrer Hügel zu übersteigen, ehe wir nach einigen
Stunden endlich den höchstenPunkt erreichten. Von dort
hatte ich den schönen Anblick der terrassenartig bis an die
mehrere Stunden entfernten Berge von Algeden sich verflachenden
Landschaft. Auf dieser Strecke gewahrte ich eine
grofse Anzahl der Adansonia digitalis, die in Senkungen über
den ganzen breiten Gürtel der Landschaft zerstreut wuchsen.
Die Aussicht war überraschend, und dies von mannigfach geformten
Gebirgen abgeschlossene, von vielen Fruchtfeldern
durchzogene und von Viehheerden und Wild belebte Thal
zählte zu den schönsten und eigenthümlichsten, die ich bisher
in Ostafrika gesehen hatte. Ich dachte unwillkürlich an ‘die
Betriebsamkeit meiner Heimath und wie dieses Land, von
gleich fleifsigen, schaffenden Händen bebaut, sehr bald in einen
reichen Garten verwandelt werden könnte.
Unser Weg ging durch die hier beschriebene Landschaft
an ab geernteten Feldern und einigen der breiten Baobab vorbei,
über kleine Hügelzüge, bis wir in ein breiteres, sandiges
Chorbett kamen. Hier befanden sich eine Menge 18 bis 20
Fufs tiefer Brunnen, und grofse Viehheerden standen dort,
um ihren Durst zu stillen. Die fast nackten Hirten, Kinder,
Wasserträgerinnen und Greise füllten unter monotonem Gesang
ihre Lederschläuche mit Wasser, das die kräftigen, jüngeren
Männer geschickt aus der Tiefe holten.
Als wir in die Nähe dieser wilden Menge kamen, liefsen
wir uns etwas Wasser gehen, wurden angestaunt und belacht,
und hatten dann mehrere Gaffer als Begleitung bis in das nahe
Dorf Algeden. Dieses, aus mehreren hundert Tuekel und Zelten
bestehend, ist in einer engen Schlucht, sowie an den stei