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bäche rauschten in unserer Nähe von den nahen Gebirgen
herunter, und bis spät in die Nacht bedeckten dunkle Wolken
den ganzen Himmel. Vor völliger Dunkelheit holte ich noch
mit einigen Arabern trockenes Holz zusammen; bei dieser
Gelegenheit bemerkte ich etwa zwanzig Schritte von unserem
Lagerplatze ein frisch gewühltes Loch, das wohl durch
den starken Blitzstrahl verursacht worden war. Ich rückte
dann mein Nachtlager näher an eins der beiden Feuer und
schlief die ganze Nacht recht gut. Bemerkenswerth scheint
mir, dafs während des Gewitters vereinzelte Eisstücke von
Bohnengröfse mit grofser Gewalt herunterfielen, auch zuckten
bei dem aufgehenden Monde noch viele elektrische Strahlen,
ohne jedoch von Donner begleitet zu sein, hier und da
am Horizonte hin. Dieses furchtbare, gewaltige, daher brausende
Gewitter hatte wenigstens den günstigen Einflufs auf
mich, dafs ich seitdem nicht so empfindlich gegen schwüle,
elektrische Luft bin und nicht mehr die eigenthümliche Beklemmung
auf meiner Brüst vor Ausbruch eines Gewitters
fühle.
Dieser Tag, an dem ich ein Tropengewitter mit all seiner
grofsartigen Schönheit und seinem Grausen erlebte, wird mir
in steter Erinnerung bleiben. Von der gänzlichen Durchnäs-
sung hatte ieh glücklicherweise keine üb eien Folgen und trug
nicht die geringste Erkältung davon. Die nackten Eingeborenen
hatten viel zu leiden, ebenso die an Wärme gewöhnten
Kameele, und die nächtliche Ruhe war uns Allen erwünscht.
Donnerstag, den 3. November 1864. Früh war die Luft
sehr empfindlich kühl, ehe die Sonne im Osten röthlieh-gelb
ihrem Lager entstieg und sich hinter dichten Nebelhüllen verbarg.
Weit nach Osten hin, nur durch einen schmalen Streifen
Land von dem rothen Meere getrennt, dehnten sich grofse
Wasserspiegel aus, die von dem Gewitterregen dort zusammengelaufen
waren, dem Umfange nach, einem gröfseren
Landsee gleich. Da der Boden noch zu nafs und zu schlüpfrig
für die Kameele war, ging ich auf die Jagd und erlegte zwei
Hasen, jener in Afrika häufig vorkommenden kleinen hellfarbigen
Art (Lepus isabellinus). Dieses Wildpret war uns sehr
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erwünscht, denn seit zwei Tagen hatten wir kein Fleisch zu
essen gehabt. Sobald die Sonne etwas höher gestiegen war,
wurde die Luft klar und rein, die zackigen,-kahlen Gebirge
zeichneten sich in dem Glanz der Morgensonne sehr schön
an dem veilchenblauen Himmelszelte ab. Gegen 9 Uhr Morgens
erfolgte die Weiterreise in südsüdwestlicher Richtung,
und nach zwei Stunden betraten wir eine sehr öde, steinige
Wüste, die" sich in das Gebirge hineinzog. Ein erfrischender
Wind kam von NO. herüber und fächelte die Luft. Wir wendeten
uns nun westlich, Tokar mit seinen steilen, felsigen Bergen
in Osten liegen lassend, und hier noch zum letzten Male
den schmalen, blauen Streifen des rothen Meeres erblickend.
Wir pilgerten dann dicht unterhalb der Shabar- oder Saba-Gebirge
auf dem öden, holperigen Wege weiter, bis wir gegen fünf
Uhr in einem breiten Thale an einzelnen Gebüschen unseren
Rastplatz nahmen. Die Saba-Gebirge haben ein sehr rauhes
und wildes Aussehen, sind von schwärzlicher Farbe und
auf der Oberfläche mit Massen grofser und kleiner Steine bedeckt.
Freitag, den 4. November 1864. In der letzten Nacht
war es wieder sehr kühl gewesen, und vor Sonnenaufgang
zeigte sich, über eine halbe Stunde andauernd, am östlichen
Himmel starkes Wetterleuchten. Gegen .'8 Uhr Morgens war
die Karavane reisefertig, und wir traten in ein Thai ein, das
von Wasserläufen nach allen Richtungen hin zerrissen, das
Weiterkommen ziemlich erschwerte. Eine Menge Spath und
Quarz, mit Kalksteinen untermengt bedeckte den von nur einigen
Schirmakazien bewachsenen Boden, über uns schwebten
einige Geier und Raben, und in derNähe flatterte eine Amsel
mit weifsen Flügelrändern auf. Wir zogen in dem Thale,
das etwa 6—8 Stunden breit sein mochte, entlang und hielten
uns an dem von den Hadendoa, Sekeni-Gebirge genannten
Höhenzuge, der, an 1500 — 2000 Fufs aufsteigend, den
Gesichtskreis in schöner Weise abschlofs. Gegen 12 Uhr hielten
wir Mittagsrast; ich selbst kletterte über viele einzelne
Felsblöcke hin und fand unter meinem über einen blätterlosen'
Mimosenstrauch gegen die Sonne ausgespannten Shawl ein