nach den Sprachen allein die bestehenden Volksstämme auf
den richtigen Ursprung zurückzuführen. Sprachmischung und
selbst Entlehnung sind öfter unter den Völkern des Sudan
vorgekommen, so dafs eine Sichtung zwischen fremdem und
eigenen Gute eine schwere Aufgabe ist. Leider fehlen unter
jenen meist nomadisirenden, kriegerischen und diebischen
Völkern alle sicheren, geschichtlichen Anhaltepunkte, die
einen Aufschlufs über die Bewohner geben könnten. 'Nur aus
den Sprachen, den Traditionen, Gebräuchen und Sitten läfst
sich urtheilen, in' welchem Grade der Verwandtschaft die verschiedenen
Volksstämme unter einander stehen. Die Sitten,
Gebräuche und Rechte deuten in ihren Grundformen bei
allen Bewohnern des östlichen Sudan vorherrschend auf
arabische Abkunft hin, und mancherlei sonstige Eigenschaften,
wie auch der Körperbau bestätigen diese Annahme im
Allgemeinen. Es versteht sieh von selbst, dafs auch viele afrikanische
(Nuba-) Neger-Elemente' sich theils durch Sklavinnen,
theils durch Kriegsgefangene mehr oder weniger verbreitet
haben, aber sie nehmen in dem Gepräge der Volksstämme
nur eine untergeordnete Stelle ein.
Die gröfsere. Zahl huldigt dem Islam, dagegen sollen einige,.
dem Bazen-Volke nahe liegende Grenzbewohner noch
vollkommene Heiden sein. — Nach den Beobachtungen, die
ich bei mehreren jener Volksstämme in Bezug des Glaubens
machte, bin ich zu der Meinung gekommen, dafs. der Islam
für sie sehr geeignet ist und dem spirituellen Christenthume
den Eingang sehr erschweren wird. Der Sudanese will nicht
denken. Sittenlehre, Pflicht und Liebe kennt er kaum und
andere Anforderungen, wie Achtung vor fremdem Eigen-
thume oder gar Nächstenliebe, sind ihm höchst lästige Zwangs-
mafsregeln. Der freie Sohn der Wildnifs findet es bequemer,
mit Sonnen-Auf- und Untergang, sein Gesicht nach Osten'gewendet,
mechanisch sein Gebet zu murmeln; er erkennt Allah
als Gott, Mohamed als seinen Propheten an, im übrigen thut
er, was er will, so lange ihn keine äufsere Macht zum Gehorsam
zwingt. Aus Allem, was ich bei den meisten arabischen
Stänünen sah, ging hervor, dafs nur die äufsere Form und
nicht das geistige Wesen des Islam in die Leute eingedruri-
gen sei. Die Lehre Mohamed’s ist bequem, äufserlich leicht
fafslich und pafst für die warmen Länder und deren Bewohner.
Durch die gebotenen, jährlichen Pilgerreisen nach Mekka
und durch den Fanatismus, der den Besuchern dort eingeimpft
wird, verbreitet sich der. Islam immer mehr und mehr in
Afrika, ohne dafs es der Aussendung theuerer Missionäre
bedarf. In anderen orientalischen Ländern soll es ebenso
sein, und während die politische Macht der Mohamedaner abnimmt,
vergröfsert sich die Zahl der Bekenner ihrer Religion.
Das Klima entwickelt die Bewohner dieser Länder körperlich,
schneller, läfst das Blut rascher in ihren Adern pulsiren und
macht sie leidenschaftlich und genufssüchtig, darum genügt
ihnen die äufsere Form dieser Religion, die an und für sich
schon ihren Begierden keinen Zügel anlegt.
Die gerühmte, orientalische Gastfreundschaft macht Gasthäuser
und Herbergen überflüssig, aber sie wird nicht bei allen
Bewohnern aus Pflicht, sondern nur der hergebrachten Gewohnheit
wegen und oft in kärglichster Weise ausgeübt. Die
löbliche Sitte wird indefs auch von vielen Leuten mifsbraucht
und eine Masse Vagabunden; die besonders in Zeiten der Noth
das Land unsicher, machen, ernähren sich auf diese Weise.
Doch zurück zu meinen eigenen Erlebnissen. Wegen eingetretener
Unpäfslichkeit befand ich mich, hinter der Kara-
vane zurückbleibend, allein in der grofsen Ebene und schleppte
mich so gut als möglich weiter. Nach längerer Zeit fiel es
meinem Diener endlich ein, dafs ich zurück geblieben sei und
er wartete, bis ich ihn eingeholt hatte. Auf dem bereit gehaltenen
Esel, den ich bestieg, kam ich allerdings bequemer,
aber nicht viel Schneller vorwärts. Ein heftiger Durst quälte
mich schon lange, und die Sonne stand tief im Westen, als
ein einzelner Araber mit zwei Kameelen uns begegnete und
mich den letzten Rest von Wasser aus seinem Lederschlauche
trinken liefs.
Mit unseren Eseln blieben wir hinter den Kameelen immer
mehr zurück, und als wir den Thaleinschnitt passirt hatten,
bemerkte ich eine, zuletzt drei Hyänen, die uns verfolg