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prächtige, blau-grünliche Färbung und ich konnte tief in dasselbe
hinabschauen, ja selbst bis auf den Meeresgrund tauchten
zuweilen meine Blicke und ergötzten sich an den lustigen
Spielen seiner glänzenden Bewohner.
Gegen 4 Uhr Nachmittags hatten wir heftigen Südostwind,
die Insel Xanta stieg auf, wir liefsen sie jedoch westlich
liegen und fuhren in einer Entfernung von wenigen Seemeilen
an Kastei Tornese vorbei, das, aufMorea gelegen, den äufser-
sten Endpunkt der bekannten Bucht von Navarinö bildet. Obgleich
der Wind ziemlich heftig wehte , war das Meer doch
sehr ruhig; vielleicht' sind es die vielen Inseln, die hier die
Gewalt des Sturmes hemmen und die Meereswogen brechen.
Sehr spät begab ich mich auf mein Lager und schlief, von den
schaukelnden Bewegungen des Schiffes gewiegt, sanft ein.
Die aufgehende Sonne fand mich jedoch bereits auf dem
Verdecke: das Wetter war schön, der Wind wie am Tage zuvor,
aber trotz der niedrig gehenden. See rollte unser Dampfer
und erschwerte etwas die Promenade auf dem Deck.
Nach einigen Stunden kam die Insel Kandia mit ihren
zackigen, wild zerrissenen Gebirgskämmen in Sicht, und wir
folgten ihrem Ufer eine Strecke von etwa zwei Seemeilen.
Eine; Stadt, einige Dörfer, Felder, Weinberge, dann wieder tiefe
Gebirgsklüfte zogen in malerischer Abwechslung an uns vorüber,
dazwischen strichen öfters Fahrzeuge von verschiedener
Gröfse am Strande hin und belebten den Vordergrund,
kurz das ganze Bild hatte etwas Anmuthiges, und unter allen
Inseln, die wir bei Tage passirten und die ich beobachten
konnte, hat grade diese auf mich den angenehmsten Eindruck
gemacht. Gegen 4Uhr Nachmittags kamen wir in die Nähe der
Insel.Gozzo und fuhren drei Seemeilen von Anti Gozzo, einem
ganz kleinen nackten Eilande vorbei. Von hier sollen es noch
360 Seemeilen bis Alexandria sein, und nun kamen wir in den
offenen Theil des mittelländischen Meeres. Am Abend hatte
ich den herrlichen Anblick des Meerleuchtens. Das Meer war
mit feurigen Pünktchen durchstickt und die Wellenränder mit
Borten von lauterem Golde umgeben, irrende Funken zitterten
über der Fläche, bald verlöschend,bald wieder auf blitzend
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in unabläfslichem Wechsel, in unabläfslicher Erneuerung, während
das Steuer unseres Schiffes eine einzige prächtig glühende
Strahlenfurche hinter sich herzog. Und auch mein Herz war
still bewegt, wie das Meer um mich, und auch in meiner Brust
zuckte es wundersam wie Meeresleuchten und Gedanken blitzten
auf und zündeten in mir, die mich ahnend hinein schauen
liefsen in die unvergängliche Pracht der Natur und mich mit
Staunen vor den Wundefn der Schöpfung erfüllten.
Vom Wetter begünstigt, steuerten wir am nächsten Tage
nach Osten zu und legten ein tüchtiges Stück unserer Bahn
zurück. Gegen 10 Uhr Vormittags begegneten uns zwei mit
vollen Segeln fahrende Schiffe, die ihren Lauf nach Europa
nahmen und bald unseren Blicken am Horizonte entschwanden.
Nur zwischen Himmel und Wasser schwebend, zog unser
Schiff seine tiefen Furchen in das Meer, und der weifse
Schaum am Steuer, durch die Schraube unseres Schiffes zusammen
getrieben, gab mir Anlafs zu allerlei Betrachtungen.
In der Dunkelheit hatte ich wieder den herrlichen'Anblick des
Meeresleuchtens, dann liefs ich mich in eine Unterredung mit
dem jungen Theologen ein. Unter anderem brachte uns auch
der Gang des Gesprächs auf Neger, Sklaverei, Missionen und
dergleichen. Herr B. war von grofsem Eifer erfüllt und schien
sich in derThat wunderbare Erfolge von seiner künftigenThä-
tigkeit zu versprechen. Er behauptete, dafs alle Menschen auf
gleicher Stufe ständen, und dafs auch der Afrikaner fähig sei,
zur sofortigen Annahme des Christenthums, es bedürfe nur
der Anregung dazu. Man mufs aber Rücksicht auf die platte
Wirklichkeit nehmen und bedenken, dafs diese Menschen, zum
Theil noch auf der niedrigsten Kulturstufe stehend, den Dogmen,
wie sie jene Missionäre predigen, wenig zugänglich sind.
Es bedarf dazu erst ganz anderer Bildungsvorstufen.
An Erfahrungen arm, ohne praktischen Blick, hatte jener
junge Theologe viele Kenntnisse in seinem Fache, aber eine
bedeutende Portion Fanatismus.
Warum die Behörden einen so unerfahrenen jungen
Mann, ohne viele Studien über das fremde Land, seine Sitten
und Gebräuche, nur mit blindem Eifer ausgerüstet, statt eines