Siebenter Abschnitt.
Von Abu Drehst durch das unbekannte Land am
Djebel Esehr und Abu Gaml nach Kassala.
Bereits erhoben sich zwei mächtige Baobab am jenseitigen
Ufer, und bald blitzte der schmale Wasserspiegel des Flusses,
nur noch wenige hundert Schritte entfernt, aus der Niederung
herauf. Die Nabackgesträuche standen hier wieder
so dicht bei einander, dafs die Kameele kaum hindurch konnten
und ich es vorzog, durch das Dickicht zu Fufs zu gehen.
Endlich waren wir am letzten steilen Uferabfalle herabgeklet-
te rt und machten dicht an dem fliefsenden Wasser Halt. Dort
wurden die Thiere getränkt, die Wasserschläuche gefüllt und
nach einem Aufenthalte von etwa lf Stunden in derselben Richt
i g , die wir gestern innegehalten hatten, die Reise fortgesetzt.
Ein geschlossener Wald hoher, rpthstämmiger Mimosenbäume
nahm uns alsbald auf und spendete uns süfsen Duft.
Ich. betrachtete die gelben, büschelartigen Blüthen jener
Bäume aufmerksam. Der Gröfse und Form nach einer Zuckererbse
ähnlich, sitzt der dichte, dunkelgelbe Blumenstaub an
feinen, bürstenartigen Staubfäden. Der liebliche Duft, den er
weithin verbreitete, war einem Mischgeruche von Heliotrop
und Lilien zu vergleichen. Eine Menge von Bienen, Käfern und
anderen Insekten tummelten sich um die blühenden Bäume
und durchkreuzten schwirrend und brummend die Luft während
kleine, buntgefiederte Vögel, besonders Bienenfresser, dazwischen
umher flatterten und auf sie Jagd machten. Einige
Perlhühner flogen in geringer Entfernung an uns vorüber,
da ich jedoch nicht vorbereitet war, konnte ich keines derselben
erlegen. Nordnordöstlich zog sich nun der Weg den
vor uns liegenden Höhenzügen zu, immer von den theilweise
in Blüthe stehenden Mimosenbäumen umgeben. Unter einem
solchen Namen mufs sich der Leser nicht einen starken, hohen
Waldbaum vorstellen, die höchsten derselben erreichen nur die
Gröfse und Stärke eines gewöhnlichen Pflaumenbaumes, aber
seine Aeste breiten sich in die Runde weiter aus. Sie sind von
Dornen umpanzert und harzig; da ihre Blüthezeit ungleich
ist, so prangt ein solcher Wald wohl mehr oder weniger das
ganze Jahr hindurch im herrlichsten Blumenschmücke. In
diesen Waldungen, sowie auch in der Nähe der kleineren, minder
harzigen Mimosengesträuche halten sich zahlreiche Bienenschwärme
auf. In Erdrissen, Felsenspalten oder hohlen
Bäumen haben sie ihre Zellen errichtet. Manche Eingeborene
machen ein Geschäft daraus, diese wilden Bienenstöcke aufzusuchen,
um Honig und Wachs zu sammeln, ja sie gehen oft
fünfzehn bis zwanzig Stunden weit von ihrer Heimath in ihnen
bekannte, gute Bienengegenden.
Nachdem wir etwa vier und eine halbe Stunde in nordnordöstlicher
Richtung von dem Flusse Setit aus gereist waren,
lichtete der Wald sich etwas, den Blick auf einen kleinen,
steilabfallenden Höhenzug gestattend, der sich vor uns von
Osten nach Westen ausdehnte. Von meinem Kameele aus bemerkte
ich einzelne Gazellen zur Seite des Weges und liefs
mir von meinem auf dem zweiten Kameele sitzenden Diener
meine Doppelbüchse geben. Wegen der vielen , offenen Stellen
konnte ich indefs nicht nahe genug an das flüchtige Wild
herankommen und kehrte daher wieder zu der Karavane zurück.
Unser sehr kleiner .Führer ging, wohl achtzig Schritte
entfernt, hinter den Kameelen her, mein Reisegefährte
und ich waren nur wenige Schritte vorauf. Kaum hatte ich
mein Kameel bestiegen, um mich dem Zuge anzuschliefsen,
als ein donnernder Schufs hinter mir krachte. Ich sah mich
sofort um, mein Reisegefährte that dasselbe. Ein komisches
Schauspiel stellte sich uns dar; der hinter uns gehende Führer
befühlte seinen fast kahlen Schädel in gröfster Angst und
sprach voll Erstaunen und Schreck von dem Schüsse und der