den Missionären und meinem Reisegefährten an einem solchen
öffentlichen Tanzorte vorüberkam und über einen Zaun
blickte, bemerkte ich viele Knaben mit halb oder ganz rasir-
tem Schädel als Zuschauer. Die erwachsenen Personen weiblichen
Geschlechts hatten gescheiteltes Haar, das in dünnen
Flechten bis auf die Schultern herabfiel und von triefendem
Fette glänzte, während allerlei Spangen, Ringe oder Perlschnüre
ihre sich biegenden, hin und her schwenkenden Körper
bedeckten.
Gegen Abend liefs Missionär Mutschler seine Kameele
satteln und mit den eingekauften Waaren beladen. Mein Reisegefährte
gab ihm seinen aus Kairo mitgeb rächten Diener Hum-
mehr mit, damit dieser einige Thiere in Matama einkaufen
sollte und war froh, auf diese Art den lästigen Menschen für
einige Zeit nicht sehen zu müssen. Dem abreisenden Herrn
gaben wir das Geleit und kehrten mit eintretender Dunkelheit
erst in unsere Wohnung zurück.
Der unangenehmen, schwülen Luft wegen liefs ich meine
Ruhebettstelle vor die Thür der Tuckeihütte bringen und
schlief recht gut unter freiem Himmel.
Dienstag, den 20. December 1864. Ein frischer Nordostwind
begrüfste mich auf meinem Lager, und kurz vor Sonnenaufgang
war es wieder empfindlich kühl, bis das aufgehende
Tagesgestirn gleichzeitig Licht und Wärme spendetet
Der Herr Missionär Bühler machte vergebliche Anstrengungen,
für seine hierher gebrachte Kaffeeladung die noth-
wendigen Kameele zur Weiterreise nach Chartum zu finden,
während wir ziemlich schnell einen Führer nebst drei Kamee-
len erhielten. Unsere Weiterreise wollten wir erst am anderen
Morgen antreten und machten dem Schech davon Anzeige,
der darnach seine Befehle für unsere Angelegenheiten
anordnete.
In den Morgenstunden hörte ich abermals Paukenlärm
und Gesang vor unserem Hofe und sah vor demselben eine
dichte 40—50 Köpfe starke Schaar schwarzer, anders als die
Araber gekleideter Menschen bei einander.
Es waren Mekka-Pilger, denen eine grüne Fahne, mit
rothen Streifen oben und unten, vorangetragen wurde. Auf
einem schönen Kameel, unter einem grofsen Schirme, safs eine
tief verschleiei’te Frau, die auch nach der heiligen Stadt pilgern
wollte. Die ganze Gestalt war in weifs musselinene und
rosa seidene Gewänder gekleidet, aufser den Augen sah ich
nur ein wenig von einem Handgelenk, das mir von weifser
Farbe zu sein schien.. Unter Trommelschlag und Gesang bewegte
sich der immer gröfser werdende Zug bis auf den Marktplatz,
um dort neuen Zuzug für die Pilgerreise zu erhalten.
Mehrere aus El Quedaref herbeikoinmende, zur Wallfahrt bereite
Leute wurden in sehr eigentümlicher Weise empfangen.
Unter lautem Trommelschlag, mit geschwungenen Stök-
ken oder Schwertern, eilten drei der Pilger tänzelnd dem Haufen,
voraus und empfingen die Ankömmlinge. Diese Gestikulationen
und theils graciösen, theils tölpischen Bewegungen
wiederholten sich bei jedem neuen Mitgliede, das sich dem
Pilgerzuge zugesellte.
Bei dem Aufbrüche stimmten die mitziehenden Weiber
zweistimmig ein helltönig schrillendes Geschrei an, bis lauter
Trommelschlag und Gesang ihnen Schweigen geboten, dann
verlor sich der lange Zug hinter den Dorfhütten. Die Pilger
bestanden hauptsächlich aus Tagruri, waren von kräftiger Gestalt,
schwarzer Farbe, und eine Art Selbstbewufstsein sprach
sich in ihren Bewegungen aus. Auf diese afrikanischen Bewohner
komme ich später bei der Beschreibung meiner Reise
in dem Lande Galabat zurück. Uebrigens gingen viele jener
kräftigen, muskulösen Gestalten barfufs, der wollige Kopf
war mit einer Art Kappe oder Tarbusch bedeckt und der Körper
mit Baumwollenzeugen bekleidet. Das Haar der Weiber
fiel in dünnen Flechten, in denen Glasperlen befestigt waren,
bis auf die Schultern herab, und ein schmutziges Baumwollentuch
verhüllte die obere Hälfte ihres Gesichts. Die Mehrzahl
der Männer war mit Lanzen, Messern und Stöcken bewaffnet,
einige trugen auch alte Feuerschlofspistolen, und ein Kameel-
reiter hatte eine lange Flinte. Für den Fremden ist es nicht
räthlich, sich jenen Schwarzen während ihrer Pilgerreise zu
nähern, da die fanatische Menge sich oft nicht nur zu heftigen