hern, um durch eine sichere Kugel in das Ohr dessen Tod
herbeizuführen. Die Büchse ist angelegt, da hebt das Unthier
sich, greift mit beiden Tatzen die Schultern des unglücklichen
• Mannes und zerfleischt ihm Arme und Kopf. Zwei unsichere
Pistolenschüsse verfehlen das Ziel. Der Verwundete ruft um
Hilfe; da aber keine Waffe geladen, befiehlt er dem Diener, die
ändern Leute und die geladenen Gewehre herbei zu bringen.
Dann hört der Diener seinen Herrn ihm fremde Worte spre-
• chen. Der Kampf ist beendet, als die ganze Dienerschaft auf
den Schreckensplatz zurückkommt. Der Löwe zuckt noch.
Der Herr ist todt und fürchterlich verstümmelt, neben ihm
windet sich, von noch zwei Kugeln getroffen, der Löwe im
Todeskampfe. Die Diener begruben ihren geliebten Herrn
in dem Walde, deckten Steine auf das Grab, packten alle
Sachen zusammen und brachten mir dieselben. Bevor ich
in meinen Erlebnissen weiter gehe, mufs ich hier dem Andenken
des Verstorbenen einige Worte widmen.
Florian Muche war ein höchst achtbarer, ehrenhafter,
redlicher, treuer Charakter. Von Statur war er grofs, kräftig
und besafs die Eigenschaften voller Ausdauer, unbesiegbaren
Muthes und kühner Unerschrockenheit. Er war mit fast tollkühner
Verwegenheit begabt und kannte keine Furcht. Abgehärtet
wie er war hat er aufser zweijährigem Därniederlie-
gen am Fieber, das ihn befiel und für diese Zeit unfähig zu
Anstrengungen machte, die vielen Strapazen und Entbehrungen
sieben Jahre lang ertragen. Schwere Wunden hatte ihm
sein Muth zugezogen und war der Daumen seiner linken
Hand von einem zerspringenden Gewehre etwa vier Jahre
zuvor abgerissen worden, dies hinderte ihn jedoch nicht in
seiner Beschäftigung. Mit Herz und Gedanken war er oft bei
seinen Lieben in Europa, patriotisch gesinnt und lauschte
aufmerksam meinen Nachrichten aus dem gemeinsamen Vaterlande.
_ Er stammte aus Kleinitz bei Grüneberg und hoffte
seine Mutter und Geschwister bald wieder zu sehen. Der
Verstorbene hatte sich eine grofse Geschicklichkeit erworben,
war sehr thätig, und wurde von allen Araberstämmen,
die ihm mit Achtung und Liebe zugethan waren, innig betrauert.
Die Untersuchung liefs keinen Zweifel, dafs mein braver
Landsmann sich durch zu tollkühnen Muth sein Schicksal
selbst herauf beschworen hatte. Die Büchse an welcher die
Zeichen der Löwenkrallen und Zähne dem Laufe eingedrückt
waren, habe ich selbst gesehen, und ein Stück von dem Felle
der Bestie, die den unvorsichtigen Jäger getödtet hatte, habe
ich mit nach Europa gebracht. Ein furchtbares Schicksal
hatte den trefflichen Mann mitten aus seinen Beschäftigungen
herausgerissen. Um eine Probe seiner Thätigkeit-zu geben,
will ich hier mittheilen, was der Verstorbene während seiner
siebenjährigen Jagden in Ostafrika erlegt hatte nach den Mittheilungen
die ich von ihm in Therat erhielt. Gegen sechzig
Elephanten, vierundvierzig Flufspferde, fünfzehn Büffel, zweiundzwanzig
Löwen, zwei Leoparden, sechs Nashorn, einen
Straufs, aufserdem eine Unzahl Antilopen und Gazellen verschiedener
Art und grofse Massen von Geflügel. -
Mein Reisegefährte übernahm den’ehemaligen Waffenträger
des Verstorbenen und ich seinen ändern Diener Hassan.
Drei andere Leute, Sklaven von Woad Meck, waren von
Letzterm dem Muche gegeben worden, und obwohl seine
Diener, doch ersterem gehörig. Deshalb schickte ich diese
Leute nach einigen Tagen an denselben zurück, da ich sie als
nicht zum Nachlasse gehörig betrachtete. Diese Disposition
wurde mir in Kassala später, zum Vorwurf gemacht, doch da
ich kein Sklavenhändler bin, wollte ich in keiner Weise die
mir zustehcnde Macht über die Freiheit jener Leute mifis-
brauchen. Das Gepäck, die Kameele und beiden Pferde lagerten
neben mir, während die Ziegen sammt den angekommenen
Dienern, äufser dem von mir angenommenen Hassan,
in dem Dorfe blieben.
Die Schreckensnachricht äjiderte unsere Pläne vollkommen.
Ich nahm mich, zu Gunsten der armen Hinterbliebenen,
des geringen Nachlasses meines Landsmannes an. Vielerlei
Unannehmlichkeiten sind mir dadurch bereitet worden;
dennoch hielt ich es für meine Pflicht das Interesse desselben