wendig, bevor ich mich derselben ergab, telegraphirte ich an
das preuTsische Konsulat nach Kairo. Mit Einbruch der Nacht
strömten von den auf der Rhede ankernden Schiffen viele
Leute an Land, um in den zahlreichen Trinkhäusern, Kaffeegärten
und Branntweinbuden ihr Geld für schlechte Getränke
hinauszuwerfen. Beim Vorübergehen hörte ich aus einigen
jener sittenlosen Orte auch Harfen- und Guitarrenspiel und
heiseren Gesang zu mir herüber tönen. An den durch die
Ebbe blos gelegten Sandbänken des Meeres hielt ich mich
nur kurze Zeit auf, dann wendete ich, um meinen ermatteten
Körper nach den letzten, mannichfachen Anstrengungen aus-
zuruhen.
Donnerstag, den 20. Juli 1865. In den Vormittagstunden
besuchte ich einen mir bekannten, italienischen Kaufmann,
der die Lieferungen für die englischen Dampfer zu besorgen
hatte. Von ihm wurden mir verschiedene Mittheilungen über
die immer mehr aufblühende Stadt Suez gemacht. Seit zehn
Jahren wohnte er bereits mit seiner Familie hier, in einem gut
eingerichteten Hause in der Nähe des Zollgebäudes, und hatte
das Wachsen der Stadt selbst erlebt. Er sagte, das seit Herstellung
der Eisenbahn die Gröfse und Einwohnerzahl sich
um das Doppelte vermehrt habe. Viele Franzosen* Griechen,
Armenier und Malteser hätten sich in den letzten Jahren hier
niedergelassen und neue schöne Gebäude seien errichtet worden,
während früher nur das englische Hötel der Dampfschiff-
Kompagnie und diese Gesellschaft von Bedeutung gewesen,
da um sie sich der Hauptverkehr gedreht hätte.
Mein Körper war sehr entkräftet, auch sonst meine Lage
nicht beneidenswert, dennoch liefs ich den Muth nicht sinken
und sorgte zunächst für Ruhe und Kräftigung meines
Leibes. Gegen Abend erhielt ich eine telegraphische Antwort
von Herrn Konsul Dr. Brugsch aus Kairo und überlegte, wie
ich mich nün weiter zu verhalten hätte, um meine Reise fortsetzen
zu können. Von Krampf befallen, von Schwäche heimgesucht,
bemeisterte sich meiner eine grofse Gleichgültigkeit,
die. meine Energie völlig lähmte.
Freitag, den 21. Juli 1865. Um Sonnenaufgang ging ich
an das immer mehr durch die Fluth geschwellte, aufsteigende
Meer, später traf ich meinen Reisegefährten in dem offenen
Eisenbahnhofe, und war Zuschauer, wie seine Thiere in einem
Wagen verladen wurden. Danach besuchten wir den italienischen
Kaufmann, durch den mir die Weiterreise ermöglicht
wurde.
Um ein Uhr fuhr mein-Reisegefährte nach Kairo fort, ich
selbst begab mich an das Meer, miethete ein Boot, holte mein
Gepäck von dèm Dampfschiffe ab und kam noch zu rechter
Zeit in meinem Hôtel an, um mich an dem Mittagsmahle zu
betheiligen.
Nachdem das Mahl, aus Reis, etwas Geflügel und Roth-
wein bestehend, vorüber war, schlief ich mit mehr oder weniger
Unterbrechung bis zum Morgen.
Sonnabend, den 22. Juli 1865. Mit meinem Gepäck hatte
ich wenig zu schaffen, da ich dasselbe schon gestern in- dem
offenen Eisenbahnhofe einem Wächter übergeben hatte. Nach
einem einfachen, warmen Frühstück bezahlte ich meine Rechnung,
ging zur Eisenbahn und stieg in einen der Wagen, als
der zweite Glockenschall ertönte. Der freundliche, italienische
Kaufmann Ponci kam noch vor der Abfahrt, um mir glückliche
Reise zu wünschen, auf baldiges Wiedersehen in Alexandria.
Der ziemlich lange Zug setzte sich um ein Uhr Mittags
in Bewegung und stieg auf dem kahlen Wüstenplateau empor,
dem fernen Ziele an den Ufern des Nil zueilend. Während
der ganzen, etwa siebenstündigen Fahrt, war ich von meiner
Krankheit glücklicherweise nicht sehr belästigt. Da ich diese
Strecke schon früher beschrieben habe , so unterlasse ich es
diesmal, um nicht durch Wiederholung zu ermüden. Die Cholera
raffte hier noch täglich einige hundert Menschen hinweg
und in den Zügen der Bewohner las man Furcht und Schrek-
ken. Es war dunkel, als der Zug in dem Bahnhofe hielt, mein
Reisegefährte erwartete mich und auf seinen Vorschlag blieb
ich in einem Wagen, wo sein Gepäck zur Abfahrt für den
nächsten Tag bereit stand. Doch die Kälte, der widerliche
Geruch in dem fest geschlossenen Waggon und das harte,
schlechte Lager erweckten mich bald, und ich beschlofs, mich