Bergzüge bilden gewissermafsen ein neutrales Gebiet. Die
nomadisirenden Nachbarn der Bewohner von Galabat treiben
zur Zeit des Futtermangels auch dahin ihre Heerden. Die
Takrir dagegen, meist Händler, Ackerbauer und Handwerker,
führen zwar ein mehr sefshaftes Leben,, doch breiten sie sich
durch ihre Zunahme an Zahl immer mehr aus nnd es ist leicht
vorauszusehen, dafs es gegenseitig bald zu ernstlichen Mifs-
helligkeiten kommen mufs.
Die Bevölkerung Galabats wächst durch die von der Pilgerreise
aus Darfur jährlich neu hinzukommenden Einwanderer
um ein Bedeutendes, und es mangelt bereits an Land,
denn die guten Stellen sind gröfstentheils schon mit Getreide
angebaut. Die politische Lage des Landes wurde mir in nach
stehender Weise geschildert.
Der Yumma oder Shuma, ein Titel, der vielleicht etwas
mehr bedeutet oder doch gleich kommt mit dem eines Ober-
Schechs bei den arabischen Yolksstämmen, ist der vom Volke
gewählte, oberste und ziemlich unumschränkte Herrscher
oder Statthalter. Dieser ernennt aus den Vornehmen des Landes
einen Vekil (Wekil, Vakil), nach unseren Begriffen etwa
Stellvertreter des Regenten oder erster Staatssekretair. Unter
ihnen stehen sechsunddreifsig Erbab, der Würde nach etwas
höher stehend als ein arabischer Dorf-Schech. Jeder derselben
hat durchschnittlich über acht Dörfer zu,gebieten, doch
ist die. Gröfse der von ihnen beherrschten Gegenden und die
Zahl ihrer Bewohnerschaft mitunter sehr verschieden und
Einflufs, Ansehen und Macht eines Erbab richten sich nach
dem Grade des Gehorsams ihrer^Untergebenen und besonders
nach der Gröfse ihres Privatbesitzes, nämlich der ihnen gehörenden
Viehheferden, Sklaven und sonstigen Eigenthums.
Die Gesammtheit der Erbab bildet den Staatsrath, in
ihr liegt die Stütze des Shuma, der Vekil, der treueste Anhänger
und Favorit seines Chefs hat indefs die einflufsreichste
Stellung in dem Lande und bezieht einen gröfseren Gewinn
als die Erbab. aus den Staatseinkünften. Auch diese haben
meist ihre Vekile mit der Verpflichtung, ihren Vorgesetzten
in dem Staatsrathe zu Matama zu vertreten, oder in den untergebenen
Dorfschaften Ruhe und Ordnung zu erhalten und
die Steuern einzutreiben. Eine genaue Liste der einlaufenden
Steuern konnte ich mir nicht verschaffen, da dieselben in
Landesprodukten, Sklaven oder Thieren geleistet und von
dem Shuma ohne Kontröle von anderer Seite angenommen
werden. Da die Abgaben an Abyssinien und Egypten gröfstentheils
in klingender Münze zu entrichten sind, so zahlt
dieser aus den angesammelten baaren Geldern seiner Cha-
toulle den jährlichen Betrag, aber umsonst unterzieht er sich
jenem Wechselgeschäft auch nicht, da er die gelieferten Bodenerzeugnisse
oder Thiere zu einem geringeren Preise auf
eigene Rechnung annimmt. Auch die mächtigem und wohlhabenden
Erbab benutzen diese Gelegenheit, sich zu. bereichern.
Dadurch ist jedoch so häufig Unzufriedenheit ausgebrochen,
dafs der jetzige, sehr scharfsichtige und staatskluge
Shuma diesem Uebelstande durch die Bestimmung abgeholfen
hat, dafs die Lieferungen öffentlich bekannt gemacht
werden müssen und den Erbab jeder Kauf des ihren ärmeren
Untergebenen gehörigen Besitzes untersagt ist Durch eigenes
gutes Beispiel geht der Shuma selbst den Uebrigen voran,
und sein Gebot erfreut sich darum der eifrigsten Befolgung.
Das Haupt- und Handelsdorf Matama mag fünf- bis sechstausend
Einwohner zählen, das ganze Land deren etwa hun-
dertundzwanzig- bis hundertundvierzigtausend mit Einschlufs
einzelner Familien arabischen Ursprungs.
Zu den Familien werden hier meist auch die zahlreichen
Sklaven gerechnet, doch mufs ich auch hier wieder bemerken,
dafs die angegebenen Zahlen auf kerne allzu gröfse Genauigkeit
Anspruch machen können, sondern auf einer Annahme
beruhen, die sich möglichst der Wirklichkeit zu nähern
sucht.
Der Shuma hat eine unbestimmte Anzahl von bewaffneten
Dienern und Sklaven zur Verfügung, welche theils zur
Leibwache theils zu polizeilichen Zwecken verwendet werden.
Die Letzteren haben besonders für die Herbeischaffung von
Wasser und Holz, sowie für die Pflege der ihrem Herrn gehörenden
Thiere zu sorgen und bilden einen wesentlich noth