sen und dem Ungeziefer, was den Körper über und über bedeckt,
nicht wehren. Sie kasteien sich durch Fasten, ziehen
sich auf Monate in die Wildnifs zurück und wissen dadurch
den Nimbus des Uebernatürlichen in den Augen ihrer Landsleute
um sich zu verbreiten. Aufserdem sind sie meistens mit
irgend einem organischen Fehler behaftet, machen sich durch
absonderliches Gebahren bemerklich, treiben nebenbei Bauchrednerei
und gelten als Günstlinge Allah’s. Natürlich kann es
nicht fehlen, dafs von Seiten dieser Fakir bisweilen der
schnödeste Mifsbrauch mit dem leichtgläubigen Volke, das so
entschieden an ihnen hängt und sie im Besitze magischer
Kräfte wähnt, getrieben wird.
Diesen Hang der menschlichen Natur zum Mysteriösen
zu suchen, brauchen wir nicht nach Afrika zu gehen, zu jenen
Völkern, die um ihrer niedern Bildungsstufe willen noch immer
zu entschuldigen sind, in unsern civilisirten Ländern,
die sich einer Kulturentwickelung zu erfreuen haben, welche
der Jener um Jahrhunderte voran ist, sind die Wurzeln des
Aberglaubens noch lange nicht ausgerottet.
Doch von diesen psychologischen Reflexionen schnell
zurück zu dem Thatsächlichen.
Werfen wir einen Blick auf die Fauna von Galabat, so
finden wir es begreiflich, in dem verhältnifsmäfsig üppigen
Lande auch in diesem Punkte grofsen Reichthum zu treffen.
Während meiner Ausflüge bemerkte ich selbst mehrere Arten
von Antilopen und Gazellen, ferner Perlhühner, Marabuts,
Reiher, schwarze Krähen, Aasgeier, Waldhühner, Störche,
Stelzvögel und andere schön gefiederte Vögel bald an den
Flüssen, bald in schattigen Waldthälern. Aufserdem sollen
sich an dem Flusse Atbara auch Büffel, Elephanten, Löwen,
Leoparden und kleinere Katzenarten, darunter die schwarz
gestreifte. Zibethkatze und andere Raubthiere aufhalten. In
der Regenzeit herrscht ganz besonders das thierische Leben
in seiner ganzen Fülle, vor allen das Treiben der Insektenwelt.
Andere Thiere, die Feinde dieser, werden durch sie
wieder angelockt, und so kann man in einer afrikanischen
Steppe diesen Krieg Aller gegen Alle zur Genüge kennen 1ernen.
Auch die Pflanzenwelt lebt zur Regenzeit wieder auf,
die Fluthen füllen ihre Betten bis zum Rande und ergiefsen
sich über die weiten Flächen. Der vorher dürre Boden, von
dem fruchtbaren Nafs durchdrungen, bringt wie mit einem
Zauberschlage eine grofsartige Vegetation zu Tage. Die kahle
Erde bedeckt sich mit einem sammetartigen, grünen Teppich,
und nach einigen Wochen ist die Steppe ein Wald von
Grashalmen, die 10—16 Fufg hoch werden, den Viehheerden
der Eingeborenen zum Tummelplatz, den grofsen Schaaren
der wilden Thiere zum Versteck oder Hinterhalt dienend.
Zn den Landplagen gehören vornehmlich die Heuschrek-
ken, hier stets vereinzelt zu finden, vernichten sie geschaart
öfter ganze Landstriche, .und müssen dann den Eingeborenen,
die gegen dies Uebel fruchtlos ankämpfen, zur Nahrung
statt der zerstörten Feldfrüchte dienen.. Aufserdem sind
die Termiten und mancherlei anderes Ungeziefer eine grofse
Last, desgleichen gehören grofse und kleine giftige Schlangen
und die gelben, mit ihrem Bifs schnell tödtenden schwarzen
Skorpione nicht zu den Seltenheiten. Auch die Hyänen kommen
in Masse vor, doch möchte ich glauben,. dafs die Eingeborenen
sie nicht einzig und allein aus abergläubiger Furcht
schonen; auch aus Nützlichkeitsrücksichten mag man sie und
ebenso die in diesem Lande häufigen Aasgeier selten verfolgen
und tödten. Man weifs nämlich sehr gut, dafs jene ge-
fräfsigen Vögel am Tage und die Hyänen bei Nacht alle Kadaver
und allen animalischen Unrath, dessen. Miasmen der
Gesundheit so nachtheilig werden, sehr schnell fortschaffen
und gewissermafsen eine Gesundheitspolizei bilden und den
Bewohnern des heifsen Afrika eine nothwendige und unangenehme
Arbeit ersparen.
Doch ich nehme den Faden meiner eigenen Erlebnisse
wieder auf. Vor einer der Thüren in vertraulichem Kreise
sitzend, unterhielten wir uns von der lieben Heimath. Der
blaue, dicht bestirnte Himmel wölbte sich wie eine prächtige
Kuppel voller Kerzenschein über mir und nie bedauerte ich
es mehr als jetzt, so wenig von den im unendlichen Raume
schwebenden Körpern in astronomischer Hinsicht zu kennen.