würden. Da die Abgaben und Steuern von den halbwilden
Wüstenbewohnern möglichst ungern, was beiläufig auch in
civihsmten Ländern zu geschehen pflegt, .oder lieber gar nicht
entrichtet werden, so läfst die Regierung sans façons einige
vornehme Persônliçhkeiten einfangen und hält- sie als Pfand
so lange in der Gefangenschaft zurück, bis die Dörfer die volle
Zahlung .geleistet und nebenbei auch die Kosten der Haft vergütet
haben. Ein derartiges summarisches Verfahren gegen rt, . . . • V o o Steuerverweigerer würde auch in gewissen europäischen Staaten
eine Radikalkur gegen beschränkte Sonderinteressen sein,,
um Widerspenstigkeiten und Eigenwilligkeiten im Zaume zu
halten. , . . . . . •
Aus den umliegenden Dorfschaften hatten sich wieder
viele-neugierige Besucher eingefunden, die weder mit Güte
noch mit Gewalt zu vertreiben waren. Meinen Arabern gab
ich den Auftrag im Lager bei meinen Sachen zu bleiben und
ergriff mein Doppelgewehr, um eine der hier häufig herumstreifenden
Gazellen zu erlegen. Nach wenigen hundert Schritten
kam ich an ein abgeerntetes Durrafeld und sah ein Rudel
Gazellen. Die Thierè hatten mich schon gesehen, blieben aber
mit hoch erhobenem Kopfe stehen und gestatteten mir, den
stärksten Bock aufs Korn zu nehmen; eine Kugel streckte
ihn nieder. Ich trug dann meine Beute in das Lager, meinem
Araber die Arbeit des Abstreifens und Zerlegens des Wildes
überlassend.
Als die Sonne unterging, verliefsen die benachbarten
Dorfbewohner, trotz des prächtigen Vollmondes, der sein
Licht über uns herabgofs, unser Lager, das sie während der
ganzen heifsen Tageszeit begafft hatten, unbelästigt konnte
ich. den ganzen Reiz der nächtlichen Landschaft geniefsen.
Die klare, reine Luft der afrikanischen Steppen,, die wohl-
thuende Kühle nach der übèrstandenep Tageshitze erhöht und
vermehrt das Anziehende einer solchen Mondnacht, und nach
all den Strapazen, die man tagtäglich durchlebt, ist man empfänglicher
für solche Seen en, an denen der Geist sich wieder
erfrischt Kein melancholisches, kein gellendes Schakalgeschrei
störte die nächtliche Ruhe, einsam hing ich bis gegen
Mitternacht meinen Gedanken nach.
Mittwoch, den 10. Mai 1865. ,Um Sonnenaufgang, als
ich meiner Gewohnheit geinäfs mein Frühstück bereitete,
sagte, mir mein Reisegefährte, dafs ihm in der vergangenen
Nacht abermals einer seiner Leute nebst Kameel davongelaufen
sei. Nach dem Frühstück präparirte ich die gestern erlegte
Gazelle; während mein Reisegefährte wieder nach der
Militärstation ging, um Kameele zur Weiterreise zu erlangen.
Um mich sammelte sich bald, als ich den Kopf und die Haut
der Gazelle zum Transport und zur Aufbewahrung vorbereiteterem
Kreis von Zuschauern, der meinen Manipulationen
mit gespannter Aufmerksamkeit folgte und mir wiederum Gelegenheit
gab, Studien über das Aussehen und Verhalten der
Eingeborenen zu machen.
Meine Beobachtungen theil.e ich im Folgenden mit.
Die Hadendoa oder Hadenda sind ein ziemlich roher,
wilder Stamm, der sich zwar arabischer Abkunft rühmt, aber
der feineren Gesittung und guten Eigenschaften jenes Volkes
ermangelt.- Habsucht, Streitsucht, Betrügerei, Indolenz und
Gewaltthätigkeit sind hervorragende Charakterzüge dieser
Leute. Dem Körperbau nach sind sie meist von mittlerer Figur,
halb dunkelfarbig, etwa kaffeebraun, ihr Gang ist untadelhaft
gerade, und viele Europäer möchten sie um ihre freie, leichte
Haltung und Bewegung beneiden. Durchgängig bemerkte ich
an ihnen eine schmale, hohe Stirn, einige hatten'auch einen
starken Hinterkopf und alle krauses, üppiges, schwarzes Haar.
Der Nacken stark upd kurz, die Arme fleischig, die Hüften
schmal, die Hände fein und zierlich geformt, ebenso die Füfse,
Fufsgelenke und Knöchel. Alle Männer hatten eine tiefe
Furche, den Rückgrat entlanglaufehd und wenig oder gar
keine Waden, die Oberschenkel dagegen waren fleischig. Obwohl
zum schweren Arbeiten unbrauchbar, sind doch alle an
die Strapazen weiter Wege gewöhnt und können Hunger und
Durst lange ertragen. Viele sind ausdauernde O O Läufer, de>sgleichen
in anderen körperlichen Uebungen gewandt, besitzen