lenkte ich mein Kameel vom Wege in das hohe Gras ab und
erklärte trotz der Vorstellungen meines Begleiters bestimmt,
hier die Nacht zubringen zu wollen. Mein Kameel war bald
abgeladen, dann schickte ich den Araber in das nahe Dorf,
um sich nach meinen Dienern zu erkundigen und et wag Wasser
zu bringen. Sie waren noch nicht angekommen, Wasser
erhielt ich nur in geringer Menge in einer Kürbisschaale als
Labetrunk. Ohne ein Feuer anzuzünden, lagerte ich, nahe
einem alten Baumstamme, in der weiten 'Grasebene und
schlummerte ganz gut. Am frühesten Morgen von der Kälte
erweckt, hüllte ich mich fester in meine Decken und genofs
bis kurz vor Sonnenaufgang der besten Ruhe.
Freitag, den 7. April 1ö65. Mein Begleiter wartete mein
Erwachen ab, dann wurde das Kameel zur Weiterreise gepackt.
Zu gleicher Zeit sah ich von dem Dorfe her den Diener
Ummehr kommen, ich empfing ihn nicht aufs freundlichste,
da er dieVeranlassung war, dafs meine kleine Karavane
sich gestern Abend, getheilt hatte. Nach einer Strecke von
kaum zehn Minuten, um Sonnenaufgang, gelangte ich zu einem
auf einer öden Hügelreihe liegenden Tuckel-Dorfe, wo ich
für Geld etwas Milch für mich und für die Giraffe erhielt.
Dann führte der Weg in NW.-Richtung weiter, meist durch
niedrige dürre Steppen; da unser Vorrath an Wässer auf die
Neige gegangen, so mufsten wir wohl oder übel an einem
ekelhaften Tümpel unsere drei Schläuche füllen. Die Sonne
brannte mit aller Macht auf unsere Scheitel, die Gegend ermüdete
durch ihre Eintönigkeit, ich wünschte sehnlichst ein
Ende dieser mühseligen Wanderung. Meine Araber versicherten
auch einmal um das andere: „El Quedaref gerib“ (Quedaref
ist nahe), aber immer schoben sich neue nackte Hügel und
neue kahle Thäler zwischen mich und das Ziel und rückten
es in immer gröfsere Ferne hinaus. Halb verschmachtet, wie
ich war, und so oft in meiner Hoffnung getäuscht, grollte ich
meiner ganzen Umgebung, ein besonderer Ingrimm aber regte
sich in mir, so oft ich das fatale Wort „gerib“ zu hören bekam.
Ueberhaupt haben die Araber keinen Sinn für genauere
räumliche Schätzungen, der Reisende thut darum wohl, ihren
Angaben hinsichtlich der Entfernungen gewisser Orte, die er
zu besuchen gedenkt, nie allzugröfsen Glauben beizumessen.
Man mufs sich in einer so peinlichen Situation, wie ich
damals, befunden haben, um meine Stimmung begreifen zu
können,^in’welcher alle Saiten des Zornes und Aergers, der
Langenweile und des Ueherdrusses in mir durcheinander tönten,
eine solche Disharmonie läfst sich durch Worte kaum
wieder geben., Nach etwa fünf Stunden bogen wir um eine
Hügelspitze, und endlich lag El Quedaref, dieser kahl aussehende,
wenig erfreuliche Ort vor uns. Nach weiteren fünfzehn
Minuten befand ich mich unter einem Schattendache
bei dem koptischen Händler Malern Chayl, bei demselben,
der. schon Ende vorigen Jahres mein Gastfreund gewesen war.
Meine Thierkisten und Reiseeffekten wurden in die Tuckel
geschafft, welche ich schon früher bewohnt hatte, meine Diener
und mein Reitkameel nahmen im vorderen Hofe ihren
Platz ein. Den beiden Arabern, bezahlte ich den Rest des in
Matama ausbedungenen Lohnes und sah mich Nachmittags
nach weiteren Kameelen um. Zu diesem Zwecke ging ich
mit meinem Diener Ummehr zu dem obersten Schech der
Schukrie, Mohamed awad el Kérim, trug ihm meine Bitte vor
und übergab , ihm meinen Firman. Dieses Papier las der
Schech sehr aufmerksam durch, lobte dessen Inhalt und erklärte,
er wolle mir zwei Kameele geben, könne aber nicht
dafür verantwortlich sein, wenn die Leute mir während der
Reise davon laufen würden. Mit dem Trost, am nächsten
Morgen die versprochenen Thiere zu erhalten, kehrte ich
gegen Sonnenuntergang in meine Wohnung zurück.
Sonnabend, den 8. April 1865. Vor Sonnenaufgang war
ich aufserhalb meiner Hütte damit beschäftigt, meinen Thermometer
und Kompafs zu beobachten. Der letztere zeigte
eine östliche Abweichung von 4—6 Grad, sobald der Rand, des
Sonnenkörpers am Horizonte auftauchte. Nachher schickte
ich den einen Diener in das Dorf, den zweiten liefs ich mein
Frühstück bereiten, das mir um so vortrefflicher mundete, als
ich anstatt des harten Zwiebacks wieder einmal frisches Brot
dazu geniefsen konnte.