.frischer Morgenwind aus den nahen Gebirgen entgegen, und
nun sah ich, wie das mächtige Dampfrofs durch Tunnel, über
Viadukte und vorbei an steilen Abhängen der in vielen Kurven
gewundenen Glognitzer Bahn den Zug sicher hinter, sich
herzog.
Unter den neu eingestiegenen Fahrgästen war ein älterer
Herr,, der, als er mich meinem Nachbar von meinen Reisen in
Afrika erzählen hörte, fragte, ob ich von der v. d. Deckensehen
Expedition nicht neuere Nachrichten hätte. Sein Sohn
befinde sich dabei und seine Rückkehr werde von ihm noch
vor Ablauf dieses Jahres erwartet. Wie bekannt, hat jenes
Unternehmen ein so trauriges Ende genommen, doch will ich
wünschen, dafs der Vater seinen Sohn unter den wenigen Zurückgekommenen
gefunden hat.. Das schöne Steiermark und
Oberösterreich waren bald im Fluge durchzogen, wir nahten
uns schon der Metropole. In Wiener-Neustadt und später,
als wir nach Baden kamen, harrte unserer schoji eine Menge'
der .lustigen Hauptstadtbewohner, die von ihren Vergnügungsreisen
in die ehrwüdige Donaüstadt heimkehren wollten.
Es war in den ersten Nachmittagstunden., als das grofse
Häusermeer mit dem weit sichtbaren Thurrae der St. Stephanskirche
immer deutlicher auftauchte. Ein lauter Lokomotiveh-
pfiff meldete, dafs wir in Wien angekommen seien. Wie auf
allen grofsen Eisenbahnstationen war der Perron dicht- mit
Menschen bedeckt, welche ankommende Freunde erwarteten,
um sie nach der Stadt zu geleiten.
Nach einiger Zeit hatte ich mein Gepäck, erhalten, und
setzte mich in einen Wagen, der mich durch einen Theil der
Hauptstadt nach dem Nordbahnhofe brachte. Von dem einzigen
Wunsche durchdrungen, so- schnell als möglich in die
Heimath zu gelangen, liefs ich meinen körperlichen Zustand
aufser Acht und fafste den Plan, die Reise mit dem nächsten
Zuge fortzusetzen. Nur wenige Fremde befanden sich in den
weiten Hallen und Wartezimmern des Nordbahnhofes,, als
ich hier nach einer halben Stunde eintraf; ein Mittagsmahl
war mir sehr willkommen. Die Stunden, welche ich warten
mufste, vergingen mir langsam genug, und wieder, als, ich
mich endlich in dem Waggon befand, lauschte ich freudig auf
das Zeichen, welcheg die Abfahrt anzeigte. Nur noch etwa
vierzehn Stunden Geduld, dann hatte ich meine Reise überstanden.
Einige heitere Nachbarn verkürzten mir die Zeit,1
noch bis spät in die Nacht wurden allerlei Scherze, Abenteuer
und dergleichen erzählt, bis es immer stiller und stiller
wurde und die hin- und herrückenden Köpfe Zeugnifs davon
ablegten, dafs der Schlaf sie umfangen habe. Auch ich huldigte
dem Schlummergotte und ruhte einige Stunden.
Endlich waren wir an der sächsischen Landesgrenze. Von
hier war mir die ganze Gegend genauer bekannt, und mit
immer steigendem Interesse durchzogen meine Blicke die
bekannte sächsische Schweiz, oder hielten kurze Einkehr
in einigen Städten des Elbthaies. Endlich waren wir in
Diesden.
Voller Sehnsucht suchte mein Auge- meine Frau, die in
so aufopfernder Weise sich meiner langen, gefahrvollen Reise
nicht wider setzt hatte und grofsmüthig, in vollem Vertrauen
auf Gottes Beistand, mich scheiden liefs. Noch ehe der Zug
stille stand, sah ich die Th eure voller Erwartung stehen,
wurde alsbald von ihr erkannt und im Herzensgrufs des Wiedersehens
war bald aller Schmerz und alle Sorge der langen
Trennung vergessen.