Eine Stunde nach dieser Begegnung erreichte . ich das
ziemlich grofse Dorf Derwish, wo eine zahlreiche Bewohnerschaft
meine Thierkisten umlagerte und ich übrigens ganz
freundlich aufgenommen wurde. Grofse Rindvieh- und Zie-
genheferden bilden den vorzüglichsten Reichthum der Bewohner,
aufserdem verdienen sie sich durch Handel und
Flechtarbeiten ihren Unterhalt. Die heifse Tageszeit brachte
ich in dem Dorfe unter einer Hütte liegend zu, ein frischer
Südwestwind erhob seine Fittiche, ich vertrieb mi r die Zeit
mit Notiren meiner Erlebnisse, Nachsehen der Waffen, Tabakrauchen
und Schlafen, bis die Stunde zum Aufbruche kam und
die Thiere bepackt zur Weiterreise bereit waren.
Gegen fünf Uhr verliefs ich, unter grofsem Zulaufe der
neugierigen Dorf bewohnerschaft, den Ort und zog bald durch
abscheuliches Dorngestrüppy bald über Verdorrte Grasfelder
nordwestlich weiter. Nach etwa vier Stunden erreichten wir
einen langen Höhenzug, ein alter, vom Wetter zerfressener
Baobab bezeichnete hier die ungefähre Grenze des Landes
Galabat. Der Mond stand schon geraume Zeit am Himmel,
als ich, geführt von meinen arabischen Kameeltreibern, mitten
in der buschigen Wildnifs, von dem Karavanenwege nach
Westen hin abbog und einen Vieh-oder Wildsteig einschlug.
Anhaltendes Hundegebell verkündete endlich die Nähe eines.
Dorfes, doch brauchten wir noch über eine halbe Stunde, um
daselbst einzutreffen. Mein schlauer Diener Ummehr bediente
sich diesmal, um der möglichen Verweigerung einer Hütte
vorzubeugen, einer List, indem er mich einigen herbeiköm-
menden Männern als Gonpul franzäwi bezeichnete. Als ich
daher eine Hütte und Milch begehrte, wurde mir das Verlangte
und aufserdem frisches Wasser mit gröfster Bereitwilligkeit
gegeben. Das Dorf, das mir eine grofse Ausdehnung
zu haben schien, hiefs Kuh, gehörte in den Distrikt Rashied
und stand unter, der egyptischen Regierung. Die Bewohner
waren meist hellfarbige Araber. Aufser der Störung, . welche
einige zudringliche, hungrige Hunde verursachten, verlief
die Nacht ruhig. Die Decken, desgleichen, die Gepäckstücke
waren durch die Sonnenwärme während des Tages vollkommen
trocken geworden, ich legte mich deshalb sorgenfrei
auf mein Läger zu süfsem Schlafe nieder, aus dem mich selbst
das Geheul der Hyänen vor dem Dorfe und das Gebell der
angreifenden Hunde nicht zu erwecken vermochte.
Dienstag, den 4. April 1865. : Um Sonnenaufgang war
der sonst blaue Himmel mit Wolken bedeckt. Die Eingeborenen
waren der Meinung, däfs die Regenzeit nun bald beginnen
werde, bei dem Beladen der Kameele zeigten sie sich mir
behülflich, die Jugend drängte sich sehr neugierig um die
Thierkisten herum. In der achten Stunde setzten wir uns in
Bewegung, der bedeckte Himmel erleichterte den Marsch.
Das auf der Herreise von mir besuchte Dorf Schech Mariot
blieb, uns unsichtbar, seitwärts liegen, erst nach mehrstündiger
Wanderung machten wir bei Hummehr madech Halt.
Es ist dies ein Platz an dem Karavanenwege, reich an Brunnen,
in dessen Mitte sich ein Baobab von 45 Fufs Umfang
ausbreitet.
Die Kisten und Thiere wurden möglichst in Schatten gebracht,
ein Araber holte belaubte Nabackzweige zum Futter
für die Giraffe und die Diener brachten eine Menge Milch
von den Hirten der zur Tränke kommenden Viehheerden zusammen.
Während.wir an dem Stamm des Baobab lagerten,- kamen
mehrere Züge bepackter Kameele und einige Händler,
auf .Eseln reitend, an uns vorüber, sie zogen alle mit ihren
Waaren zu dem Wochenmarkte nach Matama.
Um ein Uhr erhob sich ein frischer Südwind und zwei
Stunden darauf war meine Karavane wieder auf dem Wege,
dem noch fern liegenden Reiseziele zueilend. Die Sonne war
öfters von Wolken verhüllt. Nach etwa drei bis vier Stunden
hatten wir die letzte Höhe erstiegen, von welcher der Weg
bergab nach deiii nur noch etwa zwanzig Minuten entfernten
Dorfe Wogin führte. Die Aussicht, die sich uns naeh den
wildromantischen Berge Lahämer, Tawarit und in das weite,
friedliche Thal zu unseren Füfsen, eröffnete, war prächtig.