Dreizehnter Abschnitt.
Aufenthalt in Kassala. Dr. G. Schweinfurth. Die Griechen.
Auftritt wegen der Kameele. Graf du Bisson.
Muche s Nachlafs. Endliche Abreise.
Montag, den 17. April 1865. Mit dem ersten Tagesgrauen
erhob ich mich von meinem Lager, begab mich auf das flache
Dach, welches an meine Wohnung anstiefs, um dort nach meinen
Thermometern zu sehen und den Aufgang der Sonne zu
beobachten. Danach liefs ich durch Diener und Arbeiter die
zum Nachlafs des verstorbenen Muche gehörigen Kisten, Koffer,
Waffen und Geräthschaften aus dem Magazine meines
Hauswirthes hinauf in meine Wohnung bringen. Alle diese
Gegenstände, nebst zwei Kameelen und zwei Pferden, des
Verstorbenen Eigenthum, waren seit etwa acht Tagen durch
meinen Reisebegleiter von dem Setit hierher gebracht worden.
Die Thiere waren jedoch des theuren Putters wegen
schon vor mehreren Tagen verkauft und man händigte mir
den Erlös dafür ein.
In der ersten Morgenfrühe sging ich mit meinem Reisegefährten
in das Gouvernement, um fünfundzwanzig Kameele
zur Reise nach Sauakin für uns zu erlangen. Der Stellvertreter
des Gouverneurs vertröstete uns auf den nächsten Tag,
unverrichteter Sache mufsten wir in unsere Wohnungen zurückkehren.
Wie ich in dem nahe gelegenen Postlokale nach
Briefen fragte, hatte ich die Freude, den dritten, zugleich den
letzten, seit meiner Abreise von Kairo zu erhalten. In das
Geschäftslokal meines Hauswirthes eingetreten, mufste ich
vielfache Klagen hören über Geschäftsstockung, Unsicherheit
der Handelsverbindungen und die drohende Gefahr eines
Aufstandes, welchen über kurz oder lang das schlecht oder
garnicht bezahlte Militär machen würde. Die letztere Angabe
machte mich bedenklich, und liefs mich fürchten, dafs wir
unter solchen Umständen lange noch auf die zur Weiterreise
nothwendigen Kameele warten.könnten.
Nachmittags wurden eingeborene Kaufleute von uns zu
Rathe gezogen, aber auch diese gaben uns wenig Hoffnung,
dafs wir die verlangten Kameele erhalten würden. Unordnung,
Willkühr und Rathlosigkeit mit dem ganze Heere ihrer Gebrechen
waren die Maximen, nach welchen die Regierung in
Person ihrer schamlosen, bestechlichen Vertreter zu handeln
schien. Die noch übrig gebliebenen vierzehn Mann von der
Expedition des Grafen Raoul du Bisson machten auf die Einwohner
zum Nachtheil des Rufes ihres Chefs im besonderen
und des Ansehens der Europäer im allgemeinen ebenfalls nicht
den besten Eindruck. Sie verhandelten allerlei Gegenstände,
wie Scheeren, Messer, kleine Spiegel, Pulver und Munition
auf den Strafsen, um nur die nothwendigsten Bedürfnisse für
ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Aufserdem sollten auch
von einigen der schlechteren Subjekte auf dem Markte an dort
ausgelegten Waaren gewisse Thaten verübt worden sein, die
in Europa wenigstens zu den Verbrechen gezählt werden.
Die Abendstunden verbrachte ich bei meinem Wirthe und zog
mich dann in meine eigene Wohnung zurück.
Dienstag, den 18. April 1865. In den ersten Morgenstunden
gab mir die Aufnahme des Inventars des Nachlasses längere
Zeit zu thun, dann ging ich mit meinem Gefährten wieder
zum Gouvernement, um dort Reisekameele zu erhalten.
Wie am gestrigen Tage wurden wir auch heute wieder hingehalten
und zuletzt bedeutet, dafs der Gouverneur verreist
sei, aber in einigen Tagen zurückkehren würde, nach seiner
Ankunft sollten wir unser Gesuch wieder anbringen. Würden
aber in den nächsten Tagen hier Kameele ankommen, so werde
man dieselben zu unserer Disposition zurückbehalten. So wur