ten wollten. Die, nächste. Zeit konnte ernstliche Ereignisse
bringen, ihnen in festem Ernste und bewaffneter Hand zu begegnen,
war mein bestimmter Entschlufs. Allerlei Gedanken,
die dieser Richtung folgten, erfüllten mein Inneres, bis ich
endlich auf meinem Lager dem wohlthätigen Schlafe in die
Arme sank.
Sonnabend, den 22. April 1865. Um Sonnenaufgang
lag ich noch auf meinem Ruhebette und war erstaunt über
die ungewöhnlich schwüle, drückend warme Luft, die sich
schon so früh bemerkbar machte. Von meinem Reisegefährten
abgeholt ging ich wieder in das Gouvernement, wo unser
Anliegen wegen der Kameele besprochen, uns neue Hoffnungen
gemacht, aber kein bestimmter Termin genannt wurde,
an welchem wir die Lastthiere erhalten sollten. Nachdem so
über eine Stunde verstrichen, gingen wir auf den Markt, um
allerlei Dinge einzukaufen. Hier hatten wir die Genugthuung,
dafs die Händler und schwarzen Soldaten zwischen uns und
den zum. Th eil auch anwesenden Leuten der französischen Expedition
einen bemerkbaren Unterschied machten, indem sie
diesen gegenüber ganz unverkennbar eine Art von Verachtung
an den Tag legten. Die Kluft zwischen meinem Hausherrn
nebst seinem Kompagnon, Herrn Achill, und dem Grafen
du Bisson wurde immer gröfser wegen begründeter Forderungen
von ihrer Seite, welchen der Graf nicht genügen
wollte oder konnte.
Eine Menge Soldaten hatte Goldstücke als Löhnung erhalten
und mufsten bei der Umwechselung derselben bei den
betrügerischen Goldwechslern oft einen halben Thaler oder
mindestens zehn Piaster einbüfsen., Die Maria-Theresien-Tha-
ler stiegen sofort durch die augenblickliche Nachfrage um
einen Piaster im Course, vielfach wollte man auch mir Napo-
leonsd’or für meine Thaler aufhängen.
Doch nur ein Theil der Soldaten hatte Sold erhalten,
denn die erwarteten Gelder langten nicht für die ganze Mannschaft.
Als ich später in dem Geschäftslokale meines Wirthes
war, kamen Offiziere und beorderten meinen Hausherrn zu
dem Mudir oder General der Kavallerie. Nach einer Stunde
erst kehrte Herr Korcziga zurück und theilte seinem Kompagnon
mit, dafs der Mudir eine gröfsere Geldsumme gebrauche
und er auch tausend Napoleonsd’or zugesagt hatte.
Die näheren Bedingungen wurden mir später auch bekannt.
Der Leser mag sich einen Begriff von der reellen Grundlage
solcher Geschäfte machen. Mein Hausherr war, wie ich
vorausschipke, um so mehr in der Lage, dies Geschäft einzugehen,
als er wenige Tage zuvor eine Summe von achttausend
Märia-Theresien-Thaler in Gold und Silber über Sauakin
aus Kairo erhalten hatte. Als aber der Gouverneur von den
Kauf leuten' auf Abschlag1 von Steuer und gegen Bewilligung
von Kameelen zu Waarentransporten eine ziemlich bedeutende
Summe verlangte, gaben die Leute vor, kein Geld zur
Disposition zu haben. Nach längeren, schriftlich vollzogenen
Verhandlungen gaben die Kaufleute ihre Napoleonsd’or zu
vier Maria-Theresien-Thaler (der Werth eines Napoleonsd’or
ist gleich drei und einen halben Maria-Theresien-Thaler)
dem Gouverneur in seiner bedrängten Lage, und an den
Soldaten machten sie den zweiten Profit, indem sie bei dem
Um wechseln gegen Silber nur etwas über drei Maria-Theresien
Thaler gaben, ich war sogar Zeuge, dafs mein Hausherr
einem Offizier bei dem Kauf einer Satteldecke einen
Napoleonsd’or noch zwei Piaster unter drei Maria-Theresien-
Thalern rechnete. Dieser grofsartige Betrug, auf Kosten der
Regierung und der. schlecht bezahlten Armee, zwingt die Er-
stere, welche die Macht in Händen hat, zu Gewaltthaten und
Repressalien gegen Kauf leute, und Händler, das Allgemeinwohl,
Handel und Verkehr gerathen dadurch natürlich in
Verfall, kein Wunder, dafs die Handlungsgeschäfte zeitweise
zu Raubassociationen ausarten. Wo der Betrug so die Grundlagen
eines geordneten Handelsverkehrs untergräbt, da ist von
Gesetz, Recht und Betriebsamkeit keine Rede mehr, alles Vertrauen
ist vernichtet und die gegenseitige Plünderung, das
bellum omnium contra omnes, beginnt.
Sonntag, den 23. April 1865. Wie an den vorhergegan-
Grf. K r o c k o w , Reisen u. Jagden. II.