diese Weise wird freilich dafür gesorgt, dafs die gefürchtete
Epidemie nicht eindringen kann, aber andere Uebel treten an
ihre Stelle, wenigstens können in dem elenden Aufenthalte
die Keime anderer Krankheiten leicht gelegt werden.
Sollten die Mittel so gering sein, um nicht einige der
selbst zu einem Viehstall zu luftigen und doch dunkeln Lokale
wenigstens in kasernenartige Zimmer verwandeln zu
können, in denen zehn bis fünfzehn Menschen, mit Rücksicht
auf die verschiedenen Geschlechter ein Unterkommen
fänden?
Lächerlich ist aufserdem das Wichtigthun der Wächter,
welche die Quarantäne-Gefangenen zu, beaufsichtigen haben
und den ganzen Tag mit ihren gelben Bändern an den Armen
müfsig umherlauferi. Sie erhalten täglich drei Gulden, welche
die in der Quarantäne Eingesperrten bezahlen müssen, dafür
sollte man sie doch mindestens mit leichten Handarbeiten beschäftigen
und sie nicht gerade zu priviligirter Faulenzerei, an-
halten. Aus allen möglichen Berufs Verhältnissen herbeigezogen
nur durch das gelbe Band zum Beamten gestempelt, nehmen
diese Leute die Gewohnheiten und dén Dünkel ihrer
höher stehenden Kollegen an. Durch Protektion von Seiten
des Direktors, Inspektors oder sonst einflufsreicher Personen
werden sie während der Zeit der Sperre für den Dienst in der
Quarantäne angenommen, mit dem Aufhören der Epidemie
hört auch ihre, Charge wieder auf, sie kehren dann zu ihren
sonstigen Beschäftigungen zurück. — Hier kann ich überhaupt
eine Bemerkung nicht unterdrücken, die ich jedoch nicht etwa
in Oesterreich feindlicher Absicht thue; denn wer so, wie ich,
mit seinen Bewohnern verkehrt hat, der* muís zu diesen güt-
müthigen, frohsinnigen Menschen bald Sympathie gewinnen.
Auch die Beamten daselbst sind als Menschen und Gesellschafter
sehr angenehm.' Aber ein Druck lastet in anderer
Hinsicht auf den Gemüthern und unterdrückt die aufkeimende
Geistesfrische. Die Beamtenwelt ist in die Fesseln eines starren
Formalismus geschlagen, der jede freiere Bewegung
hemmt. Man haftet noch an steifen, längst veralteten Institutionen,
die einen Fortschritt im Grofsen „und Ganzen unmöglich
machen. Man flickt wohl hier und da. am Alten und
sucht a,uszubessern, aber man sollte eine Radikalkur .mit dem
gewohnten Schlendrian machen, sonst wird es schwerlich
jemals zu erträglicheren Zuständen kommen. Doch die Ursache
jener Verhältnisse hegt tiefer und ich ziehe es vor, eine
weitere Erläuterung darüber zu unterlassen.
Eines Tages hatte der angestellte Quarantäne-Doktor den
spafsigen Einfall, uns Passagiere, seine Patienten, vor sich in
den ersten Hof zu fordern. Er schaute uns kaum an, befragte
aber den Wächter nach der Zahl seiner Lieben: „und sieh’,
es fehlt kein theures Haupt“, damit war die ärztliche! Untersuchung
beendet, und bis zur Entlassung aus der Quarantäne
habe ich den kleinen,, bleichen Sohn Aesculap’s nicht wieder
gesehen. Der . gute Mann , machte sich sein Amt möglichst
leicht, da er wohl als Chef der Anstalt keine Kontrole zu
fürchten hatte. Er entledigte sich seiner lästigen Verpflichtung
so schnell wie möglich durch Citation aller Quarantäne-
Gefangenen, wahrscheinlich um Zeit für seinen-Beruf zu gewinnen.
Ob er es mit der Bezahlung des festgesetzten Honorars
auch so oberflächlich nahm, weifs ich nicht, doch
dürfte man hier wohl eine gröfsere Genauigkeit kühn voraussetzen.
In meiner damaligen elenden Lage konnte ich es immer
noch ein Glück nennen, dafs. wir weüigstens Platz hatten und
nur drei und nicht alle siebenzehn oder achtzehn Magazine
von Quarantäne-Gefangenen bewohnt waren. Während meines
Aufenthaltes kam blos. ein Todesfall in einem anderen
Hofe dieser Anstalt vor. Durch dieses Ereignifs in grofse Bestürzung
gesetzt, mied inan ängstlich jede Annäherung, doch
zeichnete sich unter, den höheren Beamtem der theilnahms-
völle Direktor durch Revision und Besuch unseres. Aufenthaltes
vortheilhaft aus. Ich habe diesen Herrn nur flüchtig gesehen,
, aber dafs er, der Pflichten seiner Stellung bewufst,.
keine Mühe scheute, für das Wohl .seiner Pflegebefohlenen
zu sorgen, verdient hier die gebührende Anerkennung. Ob
ihm — seinen Namen weifs ich nicht — die Hände gebunden
sind, oder ob die ihm gewährten Geldmittel nicht ausreichen