Die Missionäre zu Matama sollen die Absicht haben, während
der Regenzeit, ihren gewöhnlichen Stationsplatz zu verlassen
und sich nach dem gesunderen El Quedaref zu wenden.
Musa, der Oberschech der Hadendoa, ist nach fast dreijähriger
Gefangenschaft, wegen mangelnden Beweises seiner
Mitwissenschaft an den meist von seinen Leuten ausgeführten
Mordthaten, aus dem Gefängnisse zu Kassala entlassen worden:
Die Hadendoa sollen sich aber in mehrere Parteien ge-
theilt haben und Schech Musa einen grofsen Theil seines
einstigen, mächtigen Einflusses unter- seinen Landsleuten verloren
haben.
Diese wilden Nomaden ziehen sich mehr und mehr in
die Gebirge oder Steppen ihres Landes zurück, wo sie sieh
bei geeigneter Veranlassung vielleicht von der egyptischen
Herrschaft freimachen werden, wenn die Regierung keine zuverlässigen
Truppen besitzt, um sie zum Gehorsam, zu Tribut
und Abgaben zu zwingen. Die Bezahlungen für Kameele, die
in Regierungsdiensten verwendet werden, sollen regelmäfsiger
erfolgen, aber es ist sehr die.Frage, ob die habsüchtigen Beamten
für die Dauer der gesetzlichen Bestimmung Folge leisten
werden.
Wie ich schon darauf hingewiesen habe* liegt die Bedeutung
von Kassala in seiner festen Lage, die gegen die
Uebergriffe der Abyssinier und zur Eintreibung des Tributs
unter den umwohnenden, feindlichen Nomadenstämmen ihre
Verwendung findet. Der dortige Handel und der Reichthum
des Landes wird unter dem Drucke der jetzigen Verhältnisse
wohl in kurzer Zeit auf ein Minimum herabsinken, El Quedaref
und die Stadt Berber die Hauptverkehrsplätze im inneren
Sudan werden. Dann kann Kassala eben für die Regierung
nur strategische Wichtigkeit haben.
Der Gentralpunkt des ganzfen Territoriums, Karthum,
steht vermöge seiner Lage zu der Provinz Kordofan und den
Wasserstrafsen des Bahr el abiad und Bahr el azrak mit dem
Senaar und den tiefer im Inneren gelegenen Ländern in lebhaftem
Verkehr. Die wegen ihres ungesunden Klimas berüchtigte
Stadt hat trotzdem sieh mehr und mehr vergröfsert, so
dafs sie jetzt schon über zehntausend Bewohner zählt, während
hier vor dreifsig Jahren kaum einige Hütten und Zelte
standen. Der hohe, und sichere Gewinn lockt die habsüchtigen
Menschen hierher, da er es dem Einzelnen möglich macht, sich
in kurzer Zeit ein Vermögen zu sammeln, wenn nicht Fieber
oder andere Krankheiten dazwischen treten. Der Handel
mit Landesprodukten, Sklaven, Elfenbein, Gold, Baumwolle,
Gummi, Wachs, Häuten und Getreide nimmt einen immer
gröfseren Aufschwung an/ Der Sklavenhandel dagegen hat
sich in letzterer Zeit mehr El Quedaref, Matama, Berber und
anderen Sudanorten zugewendet. Mehrere Europäer wollten
hier den schändlichen Handel unterdrücken, aber sie haben
nur die Sklavenwege verändert, weil ihnen die Macht fehlte,
die Sklavenjäger und Händler selbst mit. Pulver und Blei zu
vertilgen. Bei dem ungeheuren Gewinn, den der Sklavenhandel
ab wirft, bei der Ohnmacht und Bequemlichkeit der Regierung,
und der Bestechlichkeit der schlecht besoldeten Beamten
wird trotz aller Verträge mit einigen europäischen Regierungen
die Sklaverei nicht unterdrückt und — niemals ganz
abgeschafft werden können. Es erfordert nicht nur die Landessitte,
dafs ein vornehmer, reicher oder etwas mehr sein
wollender Sudanese einen Sklaven hat, auch der Fremde ist
durch klimatische Verhältnisse darauf angewiesen, für sich
arbeiten zu lassen. Denn da im Sudan nur wenig freie Diener
zu finden sind und die täglichen Arbeiten doch verrichtet
werden müssen, so werden Sklaven gehalten und damit das
grofse Uebel nur befördert.
Hier möchte, ich ein Beispiel anführen, wie die Unsitte
der Sklaverei sich selbst in den untersten Menschenklassen
bei den Bewohnern des Sudan heimisch gemacht hat. Mein
fauler, intriguanter und boshafter Diener Ali hatte einst seine
Arbeit nicht gethan, und als ich ihn fragte, wann er dieselbe
machen werde, meinte der Faulenzer: „er warte bis die
nächste Arbeit käme und dann fertige er Alles zusammen ab“,
nur um weiter nichts thun und rauchen zu können. Darauf
erklärte mir Ali, dafs er jetzt Geld spare, um sich später einen
Sklaven und dann eine Frau zu kaufen. Diese sollten für ihn
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