den Flufs Atbara, anstatt an den Setit. Von einigen mitleidigen
Hirten erhielten die fast verschmachteten Leute endlich,
nachdem zwölf bis dreizehn Stunden lang kein Tropfen ihre
Lippen genetzt und sie längere Zbit mit hungrigen Magen in
der Steppe hatten weiter marschiren müssen, etwas Lugma
und Wasser. Dann schlugen sie auf den Rath jener Hirten
den Weg nach dem Flusse Atbara ein und gelangten, an
ihm aufwärts ziehend, an den Setit, wo sie im Dorfe Sahani,
einen Tag nach meiner Abreise, bei den Homran-Arabern
eintrafen. Herr Christin ging mit zwei Mann noch einige Meilen
flufsaufwärts, um im geheimen Aufträge des Grafen du
Bisson mit Woad Meck-Nimmr, diesem Feinde der egypti-
schen Regierung, eine Verbindung anzuknüpfen. Da aber dieser
Räuberfürst sich unter den Schutz des Kaiser Theodorus
von Abyssinien gestellt hatte, so mochte er durch eigenmächtige
Verhandlungen seinen strengen Schutzherrn nicht aufbringen,
nahm zwar die von Christin ' mitgebrachten Geschenke,
in Pulver und Gewehren bestehend, an, wies aber
sein Gesuch ab. So kehrte dieser, ohne seinen Zweck erreicht
zu haben, zu seinen Kameraden an den Flufs Setit zurück.
Da die Erhaltung der kleinen Expedition von dem Ertrage
der Jagd abhängig war, so verringerte sich begreiflicher
Weise die Munition immer mehr und man .trat, aus Neigung
zu dem bequemeren faulen Leben in Kassala, ‘das man den
Strapazen der Jagd und des Aufenthaltes unter freiem Himmel
in der weiten Wildnifs vorzog, wieder den Rückweg an.
Das Elend und die Noth, welche die Herumziehenden diesmal
auszustehen hatten, war mindestens ebenso grofs, als auf der
Herfahrt, sie mufsten sogar einen Tag von Hyänenfleisch leben
und die Haut dieser Thiere zur Ausbesserung ihres in Stücken
auseinander fallenden Schuhwerkes benutzen. Beinahe auf
demselben Wege, auf dem sie gekommen waren, zogen sie an
den Flüssen herunter und durchschnitten nur, ohne das ganze
Innere der Wüstensteppe gesehen zu haben, die öde Gegend
von dem Atbara bis an den Chor el Gash. Eine Stunde von
dem Ufer des Letzteren blieben zwei der Leute aus Ermattung
liegen, nur mit Hülfe ihrer Gefährten, die etwas Wasser aus
einem schlechten Brunnen jenes Chorbettes herbei brachten,
erholte sich der am meisten Ermattete, ein Pole von Geburt,
und so hielt denn die Mannschaft in dem elendesten Aufzuge,
den man sich denken kann, ihren Einzug in Kassala. Die
schlechte Ausrüstung von Seiten des ^Grafen du Bisson, läfst
auf Absichten schliefsen, die der Humanität aufs Härteste
widerstreiten; wie es Scheint, hoffte er auf diese Art die ihm
lästigen Leute los zu werden. Alle diese Tbatsachen habeich
aus dem Munde mehrerer Theilnehmer vernommen, sie sind
vollkommen der Wahrheit gemäfs. Ich könnte noch mehr;
über das unwürdige Benehmen der Unternehmer der Expedition,
sagen, die vorstehende Schilderung wird aber wohl ein
genügendes Bild von diesem Humbug gegeben haben. Wer
die Mitglieder, die geringen Hülfsmittel und die augenfälligen
Mängel der Gesellschaft sah, der hätte den Unternehmern
gleich das Zeugnifs der Unreife zu einem solchen Vorhaben
ausstellen und den Erfolg desselben vorher bestimmen
können.
Ueber den vom Grafen du Bisson eingeleiteten Prozefs
gegen die egyptische Regierung sprach ich schon, zum Beweise
dessen, wie übermäfsig hoch die Entschädigungssumme
gegriffen war, die er forderte, lege-ich den „ Etät des pertes
et dommages“ zur Ansicht bei, Aus den gestellten Forderum
gen des Grafen und dem Bestände jener Ackerbau-Kompagnie
leuchtet die Unverschämtheit seiner Ansprüche hervor, die
ganze' Angelegenheit hat den Anschein eines' grofsen Schwindelgeschäftes:
Durch solche Operation aber wird, wie bereits
öfters bemerkt, der schon vielfach untergrabene Ruf der Europäer
bei den Eingeborenen in noch gröfseren Mifskredit gebracht
und diese Stimmung dann, auch auf den unschuldigen
einzelnen Reisenden übertragen.
Freitag, den- 5, Mai 1865. Ein Soldat holte mich bald
nach Sonnenaufgang zu dem Vekyl, daselbst erhielt ich ohne
weitere Schwierigkeiten fünf von mir ausgesuchte Kameele,
die ich nebst drei Kameeltreibern nach Anzahlung von zwan