Ich entwarf ohne Zögern meinen Plan, lud meine und
die sechs Stück Gewehre aus dem Nachlasse meines verstorbenen
Landsmannes mit schwerer Munition, stellte die Waffen
in Bereitschaft und war entschlossen, im Falle eines Angriffes
mein Leben so theuer als möglich zu verkaufen. Doch blieb
ich ruhig und wartete, ob es wirklich zu ernstlichen Handlungen
kommen würde. Auch von meinem Wirth und seinem
Kompagnon, die ich später sprach, hörte ich, dafs sie
bestimmte Vorbereitungen getroffen und alle ihre Waffen geladen
hätten. Unter der französischen Mannschaft dagegen
war Unzufriedenheit mit ihrem Führer ausgebrochen, sie verwünschten
laut ihre elende, traurige Lage und waren von
der Haltlosigkeit des ganzen Unternehmens grofsentheils
überzeugt.
Am Nachmittage hatte ich den traurigen Anblick von zwei
todten und zwei verwundeten Schukrie-Arabern, die etwa
eine und eine halbe Stunde von der Stadt, hinter dem Mokran-
Berge, von eingeborenen Räubern überfallen worden waren.
Die Letzteren hatten jedoch ihren Zweck nicht erreicht, da
sämmtliche Kameele mit ihren Ladungen zur Stadt kamen.
Der Einzug jener Leute brachte eine lebhafte Bewegung unter
die Stadtbewohner.
Einem der Männer war die linke Backe und die linke
Seite des Halses von einem Lanzenstiche sehr tief verwundet,
so dafs durch die mit geronnenem Blute bedeckte Wunde
die Zähne durchblickten, doch war der Verletzte noch im
Stande, Nachrichten mitzutheilen und Antworten zu geben.
Der Zweite, ein sehr junger Mann, hatte eine breite Wunde
im Rücken, zusammengekauert, neben seinem Kameraden an
eine Wand gelehnt, gab der Unglückliche nur wenige Lebenszeichen
von sich und soll am nächsten Tage gestorben sein.
Der eben erzählte Raubanfall hätte der Regierung Anlafs
werden sollen, ein Kommando Soldaten zur Verfolgung der
Räuber auszusenden, um den öfter sich wiederholenden Anfällen
vorzubeugen; aber die hohen Herren' unterliefsen ein
solches, ihnen nichts einbringendes Beginnen und beförderten
lieber durch solche Nachlässigkeit nur noch mehr die um
sich greifende Unsicherheit. An jenem Tage sagte mir ein
höherer Beamter^ „Wäre dieser verdammte Sudan nicht, so
könnte ich in Kairo oder in Unteregypten sitzen, wo mehr
Vergnügen und Gesellschaft ist; nun mufs ich aber hier, eine
bestimmte Zeit bleiben und schreiben, Steuern emtreiber.und
schlecht leben, denn die Trinkgelder fliefsen mir spärlich genug
zm“ Da diese- Gesinnung' unter den Regierungsbeamten
allgemein sein dürfte, so wird wohl an Sittimhkeit Oi -
nung und Gesetz im ganzen Sudan unter der Herrschaft der
Türken nicht zu denken sein.
Die Hitze war sehr empfindlich; von dem Marktplatze,
wo ich die beiden Verwundeten gesehen hatte, m meine Wohn
u n g , zurückkehrend, beobachtete ich auf der weiten Flache
zwischen den Stadtmauern und den etwa eine Stunde entfernten
Gebirgen zwei schmale, wohl an zweitausend Fufs o e.
Sandhosen, die sehr langsam von Norden naeh Süden mit dem
kaum bemerkbaren Luftenge dahin glitten und eine eigenthümliche
Erscheinung machten. „
Nach Sonnenuntergang kühlte ein erfrischender N ...
Wind die heifse Luft ein wenig ab und entschädigte für die
überstandene drückende Hitze des Tages.
Später kam Dr. Schweinfurth zu mir zum I h e e u n d
erzählte mir von seinem heutigen Ausfluge nach dem Djebel
Kassala und den Palmenwaldungen, dafs er dort auch einen
Kigelia-Baum mit seinen langen Früchten gefunden und die
grofsen Affenheerden an dem Teiche gesehen hätte.
Die vorgefallenen Tagesereignisse wurden dann besprochen
und Dr. Schweinfurth wollte auch Anstalten treffen,
diese Stadt bald zu verlassen, um über El-Quedaref nach Ma-
tama zu gelangen. Nachdem Dr. Schwemfurth sich auf den
Weg nach seiner Wohnung begeben hatte, stellte ich alle
meine Waffen um mein Lager, legte ein Feuerzeug zur Hand
und begab mich endlich, da ich von der Stadt herüber noch
keine beunruhigende Bewegung bemerkte, auf mein Lager,
nachdem ich zuvor meinen Diener noch beauftragt hatte, em