und sie dem Sekretär zur Notiz vorhielt. Diese Dreistigkeit
war mir zu stark, ich schlug mein Verzeichnifs zusammen,
stiefs eine kleinere Kiste mit dem Fufse um, und gab durch
Geb erde und Worte meinen Unwillen zu erkennen. Der hoch-
fahrende Vekil hatte eine solche Begegnung von meiner Seite
nicht erwartet. Und da ich trotz alles Zuredens keine Hand
rührte, sondern dem Vekil zurief „Gehe!“ einige der Beamten
aber mir beistimmten, so verliefs der Vekil endlich den Raum;
dann erst setzte ich die unterbrochene Aufnahme des Inventars
fort. Ohne -weitere Störung verlief das Geschäft schnell,
die Papiere wurden in duplo ausgefertigt, gewechselt und unterschrieben.
Donnerstag, den 4. Mai 1865. In der ersten Morgenstunde
kam ein schwarzer Soldat, um mich zum Gouvernement
abzuholen, da ich noch nicht gleich fertig war, ging er
wieder zurück, ich folgte ihm bald in das Regierungsgebäude
nach. Dort zahlte ich im Beisein des Sekretärs, einiger anderer
Beamten und der Offiziere dem Vekil des Gouverneurs
den Betrag des Nachlasses des verstorbenen Muche, bestehend
aus fünf Pfund-Sterling, einem egyptischen Pfund-Sterling,
siebenundzwanzig Napoleonsd’or und zwei Piaster zur Weiterbeförderung
an das Konsulat und die in Preufsen lebenden
Erben ein. Ein Arzt,, der nebenbei ein Spion und Bettler im
höchsten Grade war, diente mir bei der Verhandlung mit
seinen -wenigen französischen Sprachkenntnissen als Dolmetscher
und holte sich später seine Belohnung in Cigarren bei
mir ab. Während der Verhandlung sprach der Vekil, der sich
mir schon gestern so unangenehm gemacht hatte, nun mit
dem Sekretär wegen Beschaffung von Kameelen für mich und
hatte die Frechheit mich einen Käfir (Ungläubigen) zu nennen.
Trotz der sechs bei einander sitzenden, mit Säbeln bewaffneten
Türken, remonstrirte ich gegen diesen Titel und entgegnete:
„Käfir täib, der Ungläubige ist gut, er nimmt keinen Bakshisz
wie alle Türken.“ Darauf erhielt ich keine Erwiderung und
ich fuhr fort: „Für die Kameele bezahle ich nicht neun Thaler,
wie es mein Reisegefährte gethan hat, und habe ich morgen
keine Kameele, so gehe ich zu Fufs nach Dabab, meinem
Reisegefährten nach. Meine Sachen bleiben hier, und der Bar-
sha mufs bezahlen, wenn ich durch meinen Konsul auf fünftausend
Maria-Theresien-Thaler Schadenersatz klagen werde.
Sollte ich auf dem Wege sterben oder lafst ihr mich durch
nachgesendete Leute tödten, so kostet euch mein Kopf (dazu
machte ich eine Handbewegung) den Betrag von fünftausend
Pfund-Sterling, denn mit dieser Summe bin ich in einer englischen
Bank-versichert, und die Engländer werden sich- i r
Geld schon einfordern“. Das w;ar nun allerdings nicht der
Fall, dafs ich in einer Bank versichert gewesen, aber die augenblickliche,
verzweifelte Lage und die Furcht, welche die
Eingeborenen, wie. ich wufste, vor den Europäern des Westens
hegen, gaben mir diesen Gedanken em. Die Drohung
schien ihre Wirkung auch nicht zu verfehlen.
Der Vekil, Ibrahim Efendi, gab mir nämlich den Auftrag,
bei dem Kaufmannsältesten Halil Efendi wegen der Preise- der
Kameele nachzufragen,, was jener Kaufmann bestimme, müsse
dann von mir bezahlt werden. Der Preis war dem Vekil sowohl
wie mir und den uns umringenden Leuten wohlbekannt,
doch muffte ich der Form wegen Erkundigungen einziehen
und schriftliche Nachricht von demErgebniff zurückbringen.
Obgleich ich die arabische Sprache ziemlich verstand,
nahm ich mir vor, den Unwissenden zu spielen. Ich trat m
ein langes, kühles Zimmer, worin mehrere fremde Kauf leute
oder Eingeborene längs der Wände herumhockten, fragte m
französischer Sprache nach Halil Efendi und Abergab ihm ein
von dem Sekretär mir mitgegebenes Schreiben. Der Kaufmann
nahm das Papier, dankte mir und lud mich zum Nieder-
sitzen ein, dann folgte der übliche Grufs an den Hausherrn
und den versammelten Männerkreis. Unter näselndem Gesang
las Halil Efendi die übergebenen Zeilen laut vor, deren
Inhalt etwa so lautete: „Wieviel bezahlt ihr Kaufleute und
wieviel ein Fremder für ein Kameel nach Sauakin?“ Der
Hausherr fragte mich arabisch „ob ich bald die Kameele
brauche?“ Hierauf antwortete ich nach Art der Türken möglichst
langsam in französischer Sprache; ,-,Ich verstehn Sie
nicht!“ Kaffee wurde gebracht und getrunken, wieder die
S ri. K ro c k o w , Kaisen u. Jagden. II. 9