Steppengegend, die ich zuerst durchreist hatte, aufgenommen,
so, wie er es sich von unwissenden Eingeborenen hatte sagen
lassen, ohne jene Gegenden gesehen zu haben, vielleicht hatte
er auch nach eigener Einbildungskraft Gebirge, Thäler und
Berge zür Ausfüllung des sonst leeren Raumes an verschiedenen
Orten hübsch neben einander gruppirt.
Ich konnte, nachdem ich mich von der Unrichtigkeit der
Angaben überzeugt hatte, meinen Groll gegen den Zeichner
nicht verhehlen. — Ich fragte ihn zunächst: „Haben Sie jene,
hier gezeichneten Gebirge und Gegenden gesehen?“ „„Ja
wohl,““ entgegnete Wlassich, „„ich war am Atbara und Setit,
in dem Wanderdorfe Sahani, wo auch Sie gewesen sind.““
Ich schnitt ihm jedoch diesen Seitenweg ab, indem ich sagte:
„Nicht nach den beiden Flüssen, sondern nach den hier ver-
zeichneten Gebirgen, dem Berge Kosle und der ganzen Terrainbildungfrage
ich Sie, haben Sie dieselben selbst gesehen?“
Da jener Herr nun sah, dafs ich ihn in die Enge trieb und er
wufste, dafs ich jene Gegenden auf drei verschiedenen Wegen
durchreist und am Setit viel weiter, als er mit seinen Begleitern,
hinauf gegangen war, so fragte er: , , „Gefällt Ihnen
die Karte nicht? Ist sie nicht gut ausgestattet?““ „Das ist
keine mir genügende Antwort,“ erklärte ich und gab ihm offen
zu verstehen, dafs er von dem Grafen du Bisson beauftragt
gewesen, eine hübsche Karte von jener Gegend, so gut es
ginge, -zu machen, um seinem Unternehmen dadurch einen
wissenschaftlichen Anstrich zu geben. Er brach mit den Worten
ab: „„Dem Grafen du Bissoh gefällt diese Karte und er
ist damit zufrieden.““ Darauf erklärte ich Herrn Wlassich,
dafs die Zeichnung ein falsches Machwerk sei, das ich als
nichtssagend betrachte, der Wahrheit getreu werde ich meine
Meinung auch in'Europa vertreten. In fremden Ländern,
aufserhalb aller Kontrole, halte ich es gerade für die höchste
Pflicht, nicht absichtliche Unrichtigkeiten in Schriften oder
Karten zu bringen, da sie nur zur Verwirrung dienen können
und nachkommenden Reisenden neue Forschungen erschweren,
da sie zuerst alte, unwahre Mittheilungen zerstören
müssen.
Im Augustheft 1866 der Petermann sehen Mittheilungen
las ich eine Bemerkung über die baldige Veröffentlichung jener
Karte von E. v. Wlassich, aber sogleich schrieb ich Herrn
Dr. A. Petermann und setzte ihm die Veranlassung, Geschichte
und den Thatbestand jener Karte auseinander. Ich sprach in
dem Briefe jener völlig unrichtigen Karte von E. v. Wlassich
über die Gegend zwischen Chor el Gash, dem Flusse Atbara
und Setit alle geographische Richtigkeit ab und legte gleichzeitig
Protest ein, für den Fall, dafs jene Karte m Europa
durch den Druck vermehrt und bekannt gemacht werden
sollte. T,
Wollte ich den Charakter und Lebenslauf des Herrn
Wlassich näher beleuchten, so würden mir-die geehrten Leser
um so eher vollen Glauben schenken; doch ich hoffe, dafs
die ungeschminkte Darstellung der Sache genügend für die
Richtigkeit meiner Aussagen ist.
In den Nachmittagstunden besuchte mich Dr. Schwem-
furth, ich zeigte ihm meine aus der Wildnifs mitgebrachten
Felle, Steine, Muscheln, Käfer, Sämereien, auch eine Frucht
des Kigelia-Baumes. Danach gingen wir zu den Griechen
und besprachen uns gemeinsam längere Zeit wegen sehr beunruhigender
Gerüchte, uns gegenseitig zur Vorsicht ermahnend
und entschlössen, entschiedene Mafsregeln zu ergreifen.
Auch die Mannschaften des Grafen du Bisson hatten von
ihrem Herrn den Befehl erhalten, ihre Wohnung nicht zu verlassen,
man sprach sogar dävon, dafs der Graf die ihm gehörenden
beiden Kanonen habe mit Kartätschen laden lassen.
Donnerstag, den 27. April 1865. Das Einpacken und
Ordnen meines Gepäckes beschäftigte mich in den Morgenstunden.
Dann besuchte mich mein Reisegefährte und theilte
mir mit, dafs er so eben siebenzehn Kameele ä neun Maria-
Theresien-Thaler zur Reise nach Sauakin von dem Vekyl des
Gouverneurs erhalten und das Handgeld schon bezahlt habe.
Gleichzeitig brachte er die bestimmtesten Nachrichten über
den Ausbruch der Militärrevolte, wobei vielleicht das Leben
aller Europäer gefährdet werden könnte.