sind geflüchtet Die Kameele zum Transport von Waaren,
Getreide, Proviant oder zur Reise waren in Kassala nur
schwer zu erhalten, dazu waren die Preise über das Doppelte
gestiegen. Die Handelskalamitäten sind somit noch vergrö-
fsert worden, und der schon früher unbedeutende Verkehr
mit anderen Orten ist begreiflicher Weise in den letzten Jahren
noch tiefer herabgesunken. Wie mir von meinem Gewährsmanne
mitgetheilt wurde, sollen im vorigen Jahre die
Hyänen öfters die Stadtmauern von Kassala umkreist haben,
da sie sehr dreist und gierig auf Menschenfleisch geworden.
Die vielen unbeerdigten Soldatenleichen hatten ihnen reiche
Beute gegeben und seitdem ist es sogar vorgekommen, dafs
die sonst so feigen Raubthiere mehrere lebendige Menschen
vor den Thoren niedergerissen und aufgefressen haben.
Eine Neuerung, welche den eingeborenen Kameelbesit-
zern besonders zur Last fällt, ist der Import von langen, ziemlich
schweren Stangen, zur Errichtung von Telegraphen.
Da es im,Sudan zu wenig lange, gleichförmig gewachsene
Hölzer giebt, werden die Stangen aus anderen Landes-
theilen herbei gebracht. Ob diese kostspielige, weitläufige
Maafsregel den beabsichtigten Zweck erreichen und sich bewähren
wird, ist noch nicht abzusehen. Die in jeder Weise
leichter zu beschaffenden Stämme .der Fächerpalmen, Tamarisken
und anderer Hölzer hätten zu dem beabsichtigten
Werke genügt und mufste deren Benutzung die Arbeit bei
weitem schneller fördern. Einmal ist die Last für die leicht
und schwach gebauten Bishary-Thiere zu schwer, auf der anderen
Seite ist der Transport durch die dornigen Wüsteneien
oder auf den engen Kameelpfaden zwischen-Felsen oder Gebüschen
hin, keine leichte Arbeit für die Kameeltreiber.
Auch die Thermiten werden sich gegen die Neuerung
gewifs wehren und an niedrigen Stellen bald das Holzwerk
zerstören und zu ihren Bauten benutzen. Ein Wüstensturm
kann hinreichen, die völlige Vernichtung herbeizufuhren. Die
grofsen wilden Thiere, wie Elephanten, Büffel, Giraffen u.s.w.
dürften sich desgleichen dem Unternehmen widersetzen, da
die langen Stangen für die Thiere wie geschaffen sind, um
ihre Körper daran zu reiben, -und besonders die Elephanten
möchten aus Spielerei hin und wieder den Drath mit ihrem
Rüssel zerreifsen. Die Anlage ist trotz aller Hindernisse dennoch
willkommen zu heifsen, und die Erfahrungen, die man
machen wird, werden auch hier die richtige Anleitung zur
Fortsetzung des Werkes geben. Bleibt das neue Unternehmen
den Händen der Türken und Eingeborenen überlassen,
so glaube ich das nahe Ende oder auch schon die Nichtbeendigung
desselben mit Sicherheit Voraussagen zu können; denn
fehlt es auch nicht an Geld, so werden sie an der Erhaltung
der Telegraphenlinien bald die Lust verlieren und lieber in
die alte Passivität ihres Schlendrians zurückfallen.
Zum Schlufs habe ich noch einiges über den östlichsten
Theil des Sudan zu sagen.
Der ganze Landstrich von Sauakin bis in die Nähe von
Kassala und Metkinab ist mit geringer Ausnahme nur von
Nomaden bewohnt: Deshalb findet Gesittung und Civilisa-
tion bei diesen Leuten keinen Eingang. Der Wassermangel,
die unwegsamen Gebirge oder die sterile Wüste legen der
Kultur uuübersteigliche Hindernisse in den Weg, die schwer
zu bewältigen sein werden. Hier hat die Natur mit ihren
Eigentümlichkeiten bestimmte Grenzen gezogen, die, wenn
auch überwunden, doch kaum vollständig zu bemeistern sind,
und selbst dann durch geringe Vernachlässigung in den ehemaligen
Zustand zurückfallen werden.
Dagegen wären die Ufer des Atbara und seiner Nebenflüsse,
die von den abyssinischen Gebirgen herabkommen,
schon mehl- zur festen Ansiedelung geeignet und damit ist
auch der einziehenden Gesittung Thür und Thor geöffnet.
Die dortigen Eingeborenen, aus früheren Zeiten an ein ungebundenes,
freies, unabhängiges Leben gewöhnt, hassen und
verachten ihre türkischen Unterdrücker und möchten sich
von ihrem Joche befreien. So lange in der That diese räuberischen,
faulen, indolenten Menschen die Beherrscher des östlichen
Sudan sind, wird es dort nicht besser werden. Auch
hier finden wir die Bestätigung, wie schnell ein grofser Volksstamm
in der Barbarei durch Uneinigkeit, planlosen Streit