Menschen erlegen, auch auf der Insel sollten sich einige Kranke
befinden. Die allgemeine Stimmung war durch die von auswärts
einlaufenden, schlechten Nachrichten und die unter den
Bewohnern herumschleichende, ansteckende Krankheit sehr
gedrückt, früher, als an anderen Tagen, begab auch ich mich
in meine Wohnung zurück.
Die widerliche Ausdünstung der vielen wilden Thiere in
dem Hofe, wo ich wohnte, gereichte jetzt vielleicht zu unserem
Glück, denn sie war möglicherweise mit Veranlassung,
dafs die Cholera, wenn sie auch mit einigen Anzeichen bei
uns und den Dienern auftrat, doch nicht einen ernstlichen
Charakter annahm. Ein Weibergeheul, das in den späteren
Nachtstunden mich aufschreckte, verkündete mir, dafs nicht
allzuweit von mir, über der Strafse, in den Zelten wieder ein
Todesfall vorgekommen sei.
Donnerstag, den 15. Juni 1865. Nach meinem Frühstück
liefs ich mich in der ersten Morgenstunde an das Festland
hinüberfahren. Dort kaufte ich, aufser einigen Lebensmitteln,
auch ein Paar aus Stein gearbeitete Tabakspfeifenköpfe, die
nur hier angefertigt und zu Markt gebrächt werden. An Durra
gab es so wenig Vorrath, dafs ihr Preis in den letzten acht
Tagen um das Dreifache gestiegen war. Reis konnte man
kaum bekommen. Fleisch bemerkte ich, aufser dem von Ka-
meelen, das in kleinen Quantitäten verkauft wurde,, nicht, ich
kehrte daher bald wieder auf die Insel zurück. Mein Reisegefährte
wollte in einem kleinen Fahrzeuge nach Djidda hinüberreisen
und von dort aus dann mit irgend einem Dampfschiffe
die Fahrt nach Suez antreten. Zu diesem Entschlüsse
war ich jedoch nicht zu bringen, da ich eine mühsame, vielleicht
zehn- bis zwölftägige Fahrt in einer arabischen Dau,
einem offenen, schwerfälligen Kahn mit dreieckigen grofsen
Segeln, nicht mitmachen wollte. Diesen Plan gab mein Reisegefährte
denn auch auf, weil er in kürzerer Zeit und sicherer
von Sauakin aus direkt nach Suez gelangen konnte. Aus Fischen
bestand diesmal mein Mittagessen. Gegen Abend war
ich eine Weile in dem Kaffeehause, wo ich hörte, dafs am heutigen
Tage fünf Menschen der Cholera erlegen seien. Hierbei
sind jedoch die gestorbenen Soldaten nicht mitgezählt, denn
diese werden möglichst verheimlicht, was um so leichter ist,
als die Kaserne ganz abgesondert auf dem Festlande, vor der
Stadt, in der Wüste liegt.
Freitag, den 16. Juni 1865. In den Vormittagstunden begab
ich mich nach dem Festlande, fand aber wieder kein
Fleisch, dessen ich nun schon mehrere Tage entbehrt hatte.
An meinen Armen zeigte sich wieder der rothe Ausschlag,
ein Uebel, das alle im Norden Einheimische in den
heifsen Klimaten unterworfen sind. Man sagt, er werde auch
von manchem Wasser erzeugt; in Kairo z. B. schreibt man
ihn dem Nilwasser zu. Wenn sich dieser Ausschlag über den
ganzen Körper verbreitet und längere Zeit anhält, so sieht
man dies als ein gutes Zeichen an und glaubt mit dem Verschwinden
der Krankheit die Akklimatisirung für vollendet.
Schriftliche Aufzeichnungen nahmen mich den Tag über in
Anspruch. Abends steuerte ich dem Kaffeehause zu. Die
Gäste sprachen nur ungern von der Cholera, und ich konnte
keine bestimmte Nachricht über die heute erfolgten Todesfälle
erfahren. Als ich zufällig die Blicke über den Meeresarm
schweifen liefs, bemerkte ich zwei dunkele, mit Zeug
bedeckte Barken, die von zwei Fährmännern gerudert, nach
der östlich gelegenen Begräbnifsstätte fuhren. In einiger Entfernung
folgte ein anderer Kahn mit mehreren Männern besetzt.
Der kleine Trauerzug landete, die Männer ergriffen in
grofser Eile die auf Angereb’s- ruhenden, durch Tücher verdeckten
Leichen und liefen in schnellem Trab an die Gruben.
Sie mufsten hier ihr Geschäft bald beendet haben, denn nach
etwa fünf Minuten kehrten sie wieder an die Fahrzeuge zurück.
Ich dachte unwillkührlich an meine eigene, hülflose
Lage hier im fremden Lande und d-afs bei dieser elenden
Kost und dieser Hitze die Cholera auch leicht mich ergreifen
konnte. Nachdenklich begab ich mich in meine Wohnung
und lag noch lange schlaflos.
Sonnabend, den 17. Juni 1865. Um Sonnenaufgang war
nach WSW. der Himmel stark bewölkt. Nach dem Frühstück
begab ich mich in das Kaffeehaus. Dort traf ich nach einiger